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FBL in Großlehna

Die Frauen-Bundesliga geht in ihre entscheidende Phase im Kampf um Platz 2 und den rettenden 9. Platz - der Titelkampf ist aufgrund der Überlegenheit des Ooser SC Baden-Baden natürlich längst entschieden.

In Leipzig trafen sich an diesem Wochenende die Teams aus Großlehna, Leipzig-Gohlis, Berlin und Hamburg. Während wir Hamburgerinnen wie eigentlich in jeder Saison um den Vizemeistertitel kämpfen, ging es für Großlehna darum, sich im komfortablen Mittelfeld festzusetzen. Die Berlinerinnen und die Leipzigerinnen dagegen standen beide mit dem Rücken zur Wand und der Wettkampf am Samstag zwischen diesen beiden Teams war wohl eine Vorentscheidung über den Klassenerhalt. Unsere Reisepartnerinnen aus Berlin behielten, wie schon so oft in den vergangenen Jahren, die Nerven und hievten sich mit einem souveränen 4,5:1,5 auf 6:10 Punkte und den 9. Platz. Sollte nun auch gegen Großlehna zumindest ein Punkt geholt werden, könnten sie die Schlussrunden in Hamburg am 23. und 24. April, in denen wir gegen Dresden und Rodewisch ran müssen, schon etwas entspannter angehen und sich auf die Saisonabschlussreise nach Plön freuen - die die sympathischen Berlinerinnen natürlich in jedem Falle unternehmen werden!


Frauen-Bundesliga im Autohaus Heil in Leipzig

Großlehna wollte es nach mehreren knapp entschiedenen Wettkämpfen an diesem Wochenende noch mal wissen und trat in starker Besetzung an: Neben WGM Olga Alexandrova und Anne Czäczine an den Spitzenbrettern spielten die WIM’s Anastazia Karlovich und Mara Jelica an den Brettern 3 und 4, Danijela von Wantoch-Rekowksi und Martina Skogvall komplettierten das Team. Wir hatten am Samstag Morgen um 8 Uhr noch den krankheitsbedingten Ausfall von Leonie Helm zu verkraften. Silke Schubert war morgens um 5 Uhr von einer Geburtstagsparty aus Bremen zurückgekehrt, doch sprang sie natürlich sofort ein - vielen Dank! Nach ihrem wichtigen Remis, das nicht etwa geschoben, sondern erst nach der Zeitnotphase geschlossen wurde, gegen Martina Skogvall durfte sie sich dann auch auf der gemütlichen Couch im Autohaus ausruhen…


Silke beim Erholungsschläfchen

Da stand’s dann nämlich schon 2,5 zu 2,5 und WGM Margarita Voiska knetete ihr vorteilhaftes Damenendspiel mit entferntem Freibauern gegen die talentierte Nachwuchsspielerin Anne Czäczine, um den Mannschaftssieg für den HSK zu retten. Zuvor hatte es neben dem Remis von Silke Schubert weitere Punkteteilungen gegeben: WGM Marta Zielinska war unzufrieden mit ihrem Remis gegen IM Olga Alexandrova mit ihrer neuen Variante exzellent ins Mittelspiel kam und in klar vorteilhafter Stellung zu schnell zu viel wollte und schließlich in eine Zugwiederholung einwilligen musste. Auch WIM Anja Hegeler war unzufrieden mit ihrer Schwarz-Remise gegen WIM Mara Jelica, da sie in der Eröffnung leicht ausgleichen und dann sogar in ein besseres Endspiel abwickeln und einen Bauern gewinnen konnte. Eine Unachtsamkeit vor der Zeitkontrolle machte ein späteres Eindringen ihres Königs unmöglich und so musste sie ins Remis einwilligen. Ich selbst hatte nach der Eröffnung leichten Vorteil gegen Danijela von Wantoch-Rekowksi, machte dann aber zwei zu langsame Vorbereitungszüge und ließ entscheidendes Gegenspiel zu. Unter Druck gingen mir im klar schlechteren Endspiel schließlich die Züge aus und ein Läufer war weg. Diesen Verlust glich WGM Vera Jürgens in ihrer Partie gegen WIM Anastazia Karlovich aus: Zugunsten von Entwicklungsvorsprung hatte sie in einer geschlossenen Wiener Partie eine etwas kranke Bauernstellung in Kauf genommen, doch als sie in der Zeitnot ihrer Gegnerin einen Bauern gewinnen und zudem mit Turm, Springer und aktivem König Angriff auf den nackten gegnerischen König und einen gefährdeten Läufer entfalten konnte, wurden die Probleme für Schwarz zu groß und Anastazia Karlovich überschritt im 40. Zug in Verluststellung die Zeit. Die Partie war damit aber kurioserweise nicht beendet - sie endete erst im 41. Zug mit Aufgabe von Schwarz, denn der Schiedsrichter Reiner Schätzke hatte in der Zeitnotphase nichts Besseres zu tun, als an seinem Tischchen Zeitung zu lesen… Als wir ihn dann zum Brett baten, war sein einziger Kommentar, dass er ja nicht überall sein könne. Nachdem er also am Brett von Vera Jürgens die Partieformulare eingesammelt hatte, begab er sich wieder zu seinem Tischchen, notierte das Ergebnis und widmete sich wieder seiner Zeitung - muss ja ein echt spannender Artikel gewesen sein… Währenddessen bahnte sich in der entscheidenden Partie von Anne Czäczine gegen Margarita Voiska das nächste Zeitnotdrama an: Beide Spielerinnen schrieben nicht mehr mit, und außerdem machte Anne Czäczine in Zeitnot einen unmöglichen Zug. Es wurde also mal wieder Zeit, Herrn Schätzke von seinem Tischchen ans Brett zum Mitschreiben zu bitten. Da ihm natürlich mehrere Züge entgangen waren, musste die Partie später rekonstruiert werden. Glücklicherweise hatte sich Margarita nach der Zeitnot dank eines entfernten Freibauern klaren Vorteil verschafft und konnte diesen dann auch zum vollen Punkt und damit zum 3,5:2,5 verwerten.


Die Entscheidung im Wettkampf Großlehna-HSK: Anne Czäczine (l.) gegen WGM
Margarita Voiska 0:1

Trotz des Ergebnisses luden uns die Schachfreunde aus Großlehna im Anschluss an den Wettkampf noch zu einem Imbiss in der Kantine des Autohauses ein - vielen Dank für diese wirklich nette Geste. Später am Abend wollte eine kleine Hamburger Delegation noch die Kneipenlandschaft von Markranstädt auskundschaften, doch brachen wir die Erkundungstour nach einer von zwei möglichen Kneipen ab und gingen brav ins Bett.

Bei herrlichem Sonnenschein am Sonntag war es eigentlich eine Sünde, den ganzen Tag am Schachbrett zu verbringen - besonders Silke war traurig, dass sie diesen frühlingshaften Tag nicht mit Training für ihren nächsten Triathlon nutzen konnte. Teamchef Helmut Jürgens jedenfalls meinte, einmal Solarium sparen zu können und ob 100 Elopunkten mehr im Schnitt im Wettkampf des Klubs gegen SC Leipzig-Gohlis und sich in der Sonne aalen zu können.


MF Helmut Jürgens - noch ist er ganz entspannt…

Doch leider kommt es natürlich anders, als man denkt, und besonders gefährlich ist es, wenn man sich in Sicherheit wiegt … Wir hatten schon damit gerechnet, dass Leipzig-Gohlis auswechseln würde, doch dass die Leipzigerinnen uns mit Franziska, Martina und Carmen die geballte Beltz-Power an den Brettern 3, 5 und 6 vorsetzen würde, hat uns überrascht.


Carmen, Franziska und Martina Beltz für Leipzig-Gohlis (v. l.)

Wahrscheinlicher schien uns der Einsatz von Birke Bielicki am 6. Brett, doch zeigte sich nach ca. 2 Stunden, warum sie nicht zum Einsatz kam: Birke kam mit Kinderwagen ins Autohaus Heil geschoben, sie wollte ihren 10 Wochen alten Martin Gabriel nicht zweimal während der Partie stillen.
Da wir an allen Brettern klare Favoriten und nur an meinem die Zahlen ungefähr ausgeglichen waren, dachte ich mir, dass eine Schwarzremise gegen WIM Martina Beltz dem Mannschaftskampf nicht schaden könne und bot in einer komfortablen Philidorstellung schnell remis an. Zum diesem Zeitpunkt lief auch noch alles nach Plan und nach drei Stunden schoss Vera die Führung - ebenfalls gegen ein Mitglied der Familie Beltz (Franziska) und ebenfalls in Gedenken an Louis-Philippe Philidor. Danach jedoch wendete sich das Blatt, und es lief nicht mehr viel zusammen: Anja Hegeler hatte eine auf den ersten Blick deutlich bessere Stellung und war gerade dabei einen Königsangriff zu starten, als Ilka Hausmann mit 21. … e5! das Zentrum öffnen, Anjas Angriff zerschlagen und dabei auch noch einen Bauern gewinnen konnte. Durch etwas ungenaues Spiel in Zeitnot von Ilka Hausmann entstand ein Turmendspiel, in dem Anja sogar noch leichten Vorteil hatte. In der Zeitnotphase schlug dann auch Familie Beltz zurück: Carmen hatte Silke Schuberts geschlossenen Sizilianer früh entschärft und mit f5 dagegengehalten. Als Silke sich zu 23. c4 hinreißen ließ, schmorten ihre Läufer den Rest der Partie in schnöder Wirkungslosigkeit, und Carmen Beltz verwertete ihre Majorität am Damenflügel mustergültig. Nach diesem 2:2-Ausgleich - in der Partie Anja Hegeler gegen Ilka Hausmann war inzwischen Frieden geschlossen worden - schwante auch dem Teamchef Böses, da auch an den Spitzenbrettern kein Vorteil zu entdecken war: WGM Margarita Voiska „opferte“ in ihrer Partie gegen Annegret Elschner ihr Läuferpaar für einen Bauerngewinn und knetete das entstandene Turmendspiel dann noch bis über die 2. Zeitkontrolle, diesmal allerdings ohne Erfolg, weil sich Annegret Elschner sicher verteidigte. WGM Marta Zielinska versuchte es gegen WGM Tatjana Melamed sogar noch 20 Züge länger, doch auch dieses Endspiel war totremis und so hatten die Leipzigerinnen uns wieder einmal mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung (wie man im Fußball so schön sagt) verdient einen Punkt abgenommen, der im Abstiegskampf noch sehr wertvoll für sie sein kann. Im April geht’s in der Schlussrunde gegen den Lokalrivalen Weißblau Allianz Leipzig und die starken Hallenserinnen.

Parallel versuchten unsere Berliner Reisepartnerinnen den Erfolg vom Vortag zu wiederholen: Silvia Wolf wurde für Gudula Seils eingewechselt, doch auch Großlehna tauschte aus und so saß ihr statt Martina Skogvall am 6. Brett Christina Domsgen gegenüber. Ein äußerst spannender Wettkampf nahm seinen Lauf mit zwei entschiedenen Partien an den Spitzenbrettern: IM Olga Alexandrova schlug WIM Brigitte Burchardt und für Rotation glich WIM Iris Mai gegen Anne Czäczine aus. Brigitte Burchardt interessierte sich danach neben den Partien ihrer Teamkolleginnen vor allen Dingen für die Ergebnisse der Roten Raben aus Vilsbiburg in der Volleyball-Bundesliga der Frauen und suchte eine funktionierende Internetverbindung. Grund: Brigittes 21jährige Tochter Regina ist seit dieser Saison im Bayerischen Vilsbiburg in der Bundesliga aktiv - 3. Platz bisher!


Regina Burchardt trägt bei den Roten Raben aus Vilsbiburg die Nr. 11!
Quelle des Bildes: www.roteraben.de

Spannend waren die Partien von WIM Annett Wagner-Michel und WIM Antje Göhler, die sich mit den WIM’s Anastazia Karlovich und Mara Jelica auseinandersetzen mussten. Annett Wagner-Michel gelang es aus leicht schlechterer Stellung, Anastazia Karlovichs Springer zu fangen, doch war der Preis von drei Bauern zu hoch und die Stellung trotz kreativen Bauerndurchbruchs schließlich remis. Die Berliner Fans hofften vor allem noch auf Antje Göhler, da man sich am 6. Brett schon vor der Zeitkontrolle friedlich getrennt hatte und Sibylle Heyme gegen Danijela von Wantoch-Rekowski einen ganz harten Tag hatte. Antje Göhler hatte geschickt im Doppelturmendspiel Angriff auf der Grundlinie bekommen, doch konnte sich Mara Jelica mit einer Königswanderung aus der Bredouille retten und dann dank ihres starken Zentrumsbauern das Turmendspiel remis halten. Als Sibylle Heyme in ihrer gedrückten Stellung die Züge ausgingen, war dann auch gleich Material weg und Danijela von Wantoch-Rekowski konnte mit starken 2 aus 2 das Wochenende abschließen und für Großlehna damit den Sieg einfahren!

Großlehna hat sich mit diesem Sieg ein bisschen Luft nach unten verschafft, während Rotation in Hamburg am 23. und 24. April zumindest einen Sieg gegen Rodewisch oder Dresden benötigt und gleichzeitig hoffen muss, dass Karlsruhe nicht nur Mannheim, sondern auch Holsterhausen schlägt. Leipzig-Gohlis könnte sich mit zwei Siegen gegen Halle und Weißblau Allianz Leipzig noch retten, dies erscheint aber eher unwahrscheinlich. Aber auch Großlehna muss noch aufpassen, zwei Niederlagen gegen die Nachbarn aus Halle und Leipzig könnten auch noch die Klasse kosten. Wichtigste Paarung im Abstiegskampf ist eindeutig die Partie Holsterhausen gegen Karlsruhe! Mal sehen, ob Holsterhausen dann auch mal wieder sechs Spielerinnen an die Bretter bekommt (mit sechs kampflos abgegeben Partien ist Holsterhausen traurige Spitze, gefolgt vom Reispartner Mannheim mit drei Kampflosen).
Der Ooser SC ist schon vor den Schlussrunden im April uneinholbar und somit Deutscher Meister - herzlichen Glückwunsch! Der Kampf um den Vizemeistertitel wird im direkten Duell zwischen den Schachmiezen und dem Klub entschieden, aber auch die Hallenserinnen haben noch ein Wörtchen mitzureden, falls Rodewisch und der HSK nur jeweils 2 Mannschaftspunkte machen.

Eva Maria Zickelbein

 

Fotos:


WGM Marta Zielinska (vorne l.) und WGM Margarita Voiska (hinten l.) im Wettkampf
gegen Leipzig-Gohlis


WGM Vera Jürgens (l.) und WIM Anja Hegeler (hin. l.) ebenfalls gegen Leipzig-Gohlis


Großlehna gegen Rotation Pankow


Birke Bielicki mit Martin Gabriel (10 Wochen)


Den nehm’ ich!

Fotos: Eva Maria Zickelbein, HSK

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