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Der Mythos: Bezirksliga hat wieder zugeschlagen!

Am vergangenen Freitag durften wir gegen die starken Schachfreunde von Bille 3 antreten. Da ich schon in der 2ten Bundesliga fest gespielt bin und Stefan schon in der Oberliga gespielt hatte, musste auf die Spitzenbretter verzichtet werden. Ich übernahm die Rolle des Mannschaftsführers von Andi, der an Brett 8 aushelfen musste. Der Aufstieg in die Stadtliga lautete das Ziel vor Beginn der HMM und deswegen mussten wir gegen Bille 3 gewinnen.

Silke spielte am 1 Brett mit Schwarz einen sehr komischen Aufbau (4. d6?) in der Wiener Partie und stand daher nach der Eröffnung fast auf Verlust.
Zum Glück konnte Frank seinen Weißaufschlag besser nutzen und behielt mit Hilfe einer sehr langen Theorievariante im Scheveninger seinen Eröffnungsvorteil. Sein Gegner, Michael Selk, wählte im 13. Zug mit Sc5 eine ältere Variante, aber dazu mehr in der Analyse. Zu bemerken ist nur noch, dass Frank schon sehr viel Zeit im Anfangsstadium der Partie verbrauchte, wodurch eine Zeitnotschlacht unvermeidlich war…
An Brett 3 spielte Janina mit den schwarzen Steinen gegen einen nicht allzu starken Aufbau des Weißen (d4,Lf4,e3,c3). Der Königsinder verschaffte ihr daher einen schnellen Ausgleich. Sergius kämpfte an 4 gegen einen schon seit 4 Uhr auf den Beinen gewesenen Gegner, hatte aber mit seinem Standardangriffsplan nicht so gute Aussichten.
Einen weiteren Königsinder gab es bei Philipp, der sich auch gegen einen „aggressiven“ Aufbau (d4,Lf4,e3,h3) seines Gegenübers wehren musste. Ein fantasievoller Aufbau mit b6 und Lb7 waren die Folge, wodurch eine ausgeglichene Stellung entstand.
Auch bei Vadym kam der Königsinder aufs Brett, aber der Schwarze hatte wohl die Zugreinfolge durcheinander gebracht (6. … Sc6 anstelle von e5) und wurde durch 7. d5 Se5 8. Sxe5 dxe5 aus dem Konzept gebracht.
Zufälligerweise gab es an Brett 7 ebenfalls den KI, den Arnes Gegner aber diesmal mit 5.h3 spielte. Danach entstand ein normaler Stellungstyp.
Andi durfte an Brett 8 sein Debüt geben. Sein Gegner guckte nach 1. d4 erst einmal eine Viertelstunde in die Stellung und fand dann Sf6. Noch ein KI dachten die Fans, aber nach 2. c4 folgte nach weiterem tiefen Nachdenken das in unserer Spielklasse fragwürdige d5. 3. cxd5 Sxd5 4. Sf3 und Weiß hat eine angenehme Stellung erreicht. (nicht sofort 4. e4, da sonst nach Sf6 z.B. 5. Ld3 e5 [Marshall] Schwarz zufrieden sein kann) 3. … Dxd5 und Andi zeigte dies anschaulich mit 4. Sc3 Da5 und 5. Ld2 (5. Sf3 sieht noch logischer aus).
Nach der Eröffnungsphase sah ich also noch frohen Mutes in die Zukunft.

Doch was folgt ist das gefürchtete Mittelspiel (das Buch von Euwe sollten manche sich noch mal zu Gemüte führen), denn was da geschah war nicht mehr feierlich:
Silke versuchte ihre Eröffnung zu reparieren, Frank behielt seinen leichten Vorteil und büßte dafür weitere Zeit ein, Janina stellte sich so hin, dass sie kaum noch etwas ziehen konnte, Sergius musste seinen Damenflügelangriff den Gegenangriffsplänen seines Gegners unterordnen, Philipp verbaute sich total, Vadym opferte ohne Plan einen Bauern, Arne fand interessante Pläne, musste dafür jedoch einige Zeit investieren und Andi stellte in einer überragenden Stellung einfach einen Bauern ein. Ich sah also die Fälle davonschwimmen, aber die Überschrift ist nicht umsonst gewählt, denn meiner Meinung nach geht ab 22 Uhr alles!

Sergius konnte remisieren, da sein Gegner in einer besseren Stellung Angst hatte zu verlieren. Vadym schloss sich nach dem verkorksten Mittelspiel mit einer 0 an.
1 ½ zu ½ gegen uns, aber jetzt beginnt langsam die Zeitnot:
Philipps Gegner übersieht einen Gewinn und willigt dann im Springerendspiel ins Remis ein. Janina kann, ich verstehe immer noch nicht wie, ihren Gegner dazu nötigen eine Qualle einzustellen und anschließend dann auch noch einen Läufer.
Arne kann in seiner Zeitnot dem Gegner einen Turm wegnehmen und im Anschluss den ganzen Figurenkasten.
3 zu 2 für uns und jetzt beginnt die richtige Zeitnot:
Frank hat noch 2 Minuten für 12 Züge, Silke und ihr Gegner haben noch genug Zeit und Andi hat noch mit einer Viertelstunde auf der Uhr ein Remisangebot.
Andi erwartet ein Statement zu den beiden anderen Partien und das Vertrauen in die Stellungen, sowie der Spieler war, nach einigem Abwarten, da und so konnte die Punkteteilung vorgenommen werden. Der „wahre Mannschaftsführer“ konnte jetzt wieder ans Werk gehen und brauchte dafür auch gute Nerven!
3 ½ zu 2 ½ also für uns und jetzt geht es richtig los:
Frank zieht mit einem hängenden Plättchen quasi um sein Leben. Sein Gegner schafft es sich zu befreien und organisiert Gegenspiel. Am anderen Brett holt unsere Spitzenfrau den Knüppel aus dem Sack und beginnt dem weißen Monarchen das Leben zur Hölle zu machen. Im 39. schafft es Frank einen Doppelangriff mit Sd4 (auf das Feld c6 mit Quallengewinn und auf die Df3, diese kann c6 nicht decken) aus dem Hut zu zaubern und bringt seinen Gegner dadurch aus der Fassung. Dieser verliert komplett den Faden und entkorkt Kb7, was blitzschnell von Frank mit 40. Sxf3 und einer Tante mehr beantwortet wird. Das ist der Sieg und man hört nur noch: „Ich höre auf mit Schach“. Aber so ist das eben im Schach!
Am 1. Brett hat Silke jetzt auch die Überhand gewonnen und gewinnt durch eine in der Zeitnot durchgeführte Kombination eine Figur. Nachdem wieder durchgeatmet werden konnte, bringt sie den Sieg nach einem weiteren Einsteller des Gegners nach Hause.
Dies bringt Bille auf den Boden der Tatsachen zurück und uns durch das „souveräne“ 5 ½ zu 2 ½.
» 2 Mannschaftspunkte auf unser Konto.
Ein wahnwitziger Mannschaftskampf, der mit der folgenden Analyse der Matchpoint-Partie gekrönt werden soll:

(2) Bracker,F - Selk,M
HMM Bezirksliga HSK14 - Bille 3 (2), 28.01.2005
[Stellwagen/Möller]

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Lg5 e6 7.f4 Le7 8.Df3 Dc7 9.0-0-0 Sbd7 10.g4 b5 11.Lxf6 Sxf6 12.g5 Sd7 13.f5 Sc5

[13...Lxg5+ Ist der kritische Zug.] 14.f6 [14.h4 siehe Partie Nunn-Browne 1983] 14...gxf6 15.gxf6 Lf8 16.Tg1 Der Turm soll über die g-Linie ins schwarze Lager eindringen. [16.a3! Tsesarsky] 16...Lb7 [16...h5 17.Tg7!? wurde von Lima-Morovic 2002 und Vasquez-Vallejo Pons 2004 (FIDE-Wch k.o.) gespielt] 17.a3 Tsesarsky 17...0-0-0 18.Kb1 Kb8 19.Tg4?! [19.Ld3 vom 2250er; 19.Tg5 vom 2180er wurden schon gespielt] 19...Tc8 20.Lg2 Sd7 21.Tg3 dies zeigt, dass Tg4 nicht sinnvoll war 21...Dc5 22.Lh3? dann macht Lg2 auch keinen Sinn [22.Sb3 De5 23.Tf1] 22...De5! jetzt ist schon ein Bauer weg 23.Df2 [23.Sd5!? geht aber auch nicht 23...exd5 24.Lxd7 dxe4!] 23...Sc5? [23...Sxf6! warum sollte das nicht gehen? 24.Lg2 (24.Tf1?! Sxe4; 24.Tf3?! Lg7) ] 24.Lg2 zeigt auch wieder auf, dass Lh3 nicht das Gelbe vom Ei war 24...h5 25.h4 Sxe4??

[25...Th6! z.B. 26.Tg5 Dxf6 27.Dxf6 Txf6 28.Txh5 Tf2] 26.Lxe4?! [26.Sxe4 gewinnt leicht 26...Lxe4 27.Tg5! Dh2 28.Sxb5!! und der schwarze König wird um sein Leben fürchten müssen] 26...Lxe4?! [26...Txc3!? 27.Txc3 Dxe4 Denn das Läuferpaar kommt nicht richtig ins Spiel.] 27.Te1? [27.Tg5! mal wieder 27...Lf5 28.Sxf5 (28.Sdxb5!? axb5 29.Db6+ Ka8 30.Td5!! Dxd5 31.Sxd5 Lxc2+ 32.Ka2 exd5 33.Dxb5 Die schwarzen Figuren sind nicht koordinierbar.) ] 27...d5! 28.Tg5 endlich, aber zu spät. Frank hatte hier aber auch nur noch 2 Minuten. Die nächsten Züge wurden etwas schneller ausgeführt, da Franks Gegner auch nicht mehr viel Zeit hatte. 28...Dc7 29.Sxe4 dxe4 30.Txe4 Lc5 31.De2 Dd8 32.Sb3 Lb6 33.Txh5 Txh5 34.Dxh5 Dxf6 35.De2 [35.De5+? Dxe5 36.Txe5 Th8] 35...Th8 36.Dd3 Td8 [36...Txh4?? 37.Dg3+] 37.Dg3+ Lc7 38.De1 Df3?? [38...Td5 und Schwarz hat keine Probleme] 39.Sd4!

Mit hängendem Plättchen findet Frank noch den Gewinnzug und macht den Matchpoint. 39...Kb7?? Franks Gegner verliert vollkommen den Faden 40.Sxf3 1-0

Robin Stellwagen

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