HSK: Wieder nur ein Pünktchen

Zum Bundesliga-Auftakt hatten wir in Hamburg, chancenlos gegen den Deutschen Meister OSG Baden-Baden, gegen die SG Trier einen Punkt gerettet, statt besser zwei festzuhalten. Am zweiten Wochenende, fast wieder zu Hause, nämlich bei unseren Freunden in Norderstedt, wollten wir es besser machen und vielleicht zumindest gegen unsere guten Kunden aus Katernberg (+7=2 seit der Saison 2003/04) gewinnen, aber schließlich mussten wir doch wieder mit nur einem Punkt zufrieden sein. Noch reichen zwei für den Platz 12 in der aktuellen Tabelle, aber es wird wieder eine harte Saison …

HSK - Sportfreunde Katernberg 4:4

In der 3. Runde lieferten sich der HSK und die Sportfreunde Katernberg in Norderstedt ein spannendes Match, das schließlich 4:4 endete, obwohl - darin waren sich beide Teamchefs einig - jeder mal die Niederlage im Nacken gespürt hatte. Nach einem Auftaktremis von Ehsan Ghaem Magham gegen den starken Ukrainer Yuriy Kryvoruchko (Elo 2677) verpasste Karsten Müller in einer scharfen Partie mit entgegengesetzten Rochaden und heftigem Angriff auf beiden Flügeln gegen Sebastian Siebrecht in einer wilden Stellung den schmalen Grat zum Ausgleich und ging im Mattangriff unter. Ausgerechnet unser bester Katernberger Sportfreund hat uns mit der Möglichkeit vertraut gemacht, zum ersten Mal gegen die Sportfreunde Katernberg zu verlieren.

47 Zügen, und es war einen Augenblick so, als hätten wir das ganze Match gewonnen. Tatsächlich hatten wir zum vierten Mal eine 2½:5½ verloren - mit dem häufigsten Ergebnis aller elf Begegnungen, die wir durchaus auch schon deutlicher verloren haben.

Müller,Karsten Dr (2529) - Siebrecht,Sebastian (2479) [D13]
BL 1213 Hamburger SK - OSG Baden Baden (3.6), 10.11.2012 [ChZ]

Sune Berg Hansen mit Weiß gegen Nazar Firman musste sich mit einem Remis zufrieden geben, das Yaroslaw Zherebrukh im ukrainischen Spitzenduell gegen Andrej Volokitin (Elo 2704) glücklich erreichte, begnügte sich doch der Favorit in hoher Zeitnot mit einem Turmopfer, das ein Dauerschach erzwang, statt den Königsangriff nachhaltiger fortzusetzen.

Volokitin,Andrei (2724) - Zherebukh,Yaroslaw (2628) [C84]
BL 1213 Hamburger SK - OSG Baden Baden (3.1), 10.11.2012 [ChZ]
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.d3 b5 7.Lb3 d6 8.a4 Ld7 9.Sc3 Sa5 10.La2 b4 11.Se2 c5 12.Sg3 0-0 13.Sh4 g6 14.Lh6 Te8 15.Ld2 Le6 16.Lxe6 fxe6 17.f4 exf4 18.Lxf4 Sc6 19.Sf3 Sg4 20.Sd4 Sxd4 21.Dxg4 Lf6 22.Lxd6 Dxd6 23.Txf6 Sxc2 24.Taf1 Dd4+ 25.T1f2 Se3 26.Df3 Tad8 27.h3 c4 28.Se2 Dxb2 [28...Dxd3=] 29.d4! Sd1 Diagramm

30.Txg6+? [30.Tf7 Dd2 31.Df6 Dh6 32.Tf4!] 30...hxg6 31.Df7+ Kh8 32.Df6+ Kh7 33.Df7+ Kh8 34.Df6+ Kh7 35.Df7+ Kh8 36.Df6+ Kh7 37.Df7+ ½-½

Umgekehrt hatten am 3. Brett die Katernberger das Glück der Tüchtigen, als Sipke Ernst seine starke Initiative als Schwarzer und schließlich seine Gewinnchancen im besseren Endspiel gegen Evgeny Romanov (Elo 2623) nicht nutzte.

So lagen wir mit 2:3 zurück, hatten aber drei vorteilhafte Stellungen auf den Brettern, doch es war fraglich, ob wir denn eine gewinnen könnten. Die besten Aussichten hatte Lubomir Ftacnik mit Schwarz gegen Klaus Bischoff, auch Thies Heinemann hatte im Turmendspiel gegen den jungen Jens Koutainy einen Bauern mehr und suchte seine praktische Chance. Steve Bergers Chancen mit Turm, Läufer und zwei Bauern gegen zwei Türme waren gering, Robert Ris erzwang auch um 19.14 Uhr die Zugwiederholung. Eine Minute später war Jens Koutainy untröstlich, er hatte versucht, ins Bauernendspiel abzuwickeln und dabei die Gefahr eines Freibauern unterschätzt: Thies schaffte den Ausgleich, und Lubomir Ftacnik hatte inzwischen Läufer und drei Bauern gegen Springer und zwei Bauern auf dem Brett, aber leider war's der falsche Läufer, so dass kein Fortschritt möglich war. Zu Thies Partie hat uns Karsten Müller seine Analyse gesandt:

Kotainy,Jens (2413) - Heinemann,Thies (2479) [B14]
BL 1213 Hamburger SK - OSG Baden Baden (3.7), 10.11.2012 [Müller,Karsten]
1.e4 c5 2.c3 g6 3.d4 cxd4 4.cxd4 d5 5.exd5 Sf6 6.Sc3 Lg7 7.Lc4 Sbd7 8.Sf3 Sb6 9.0-0 0-0 10.Lb3 Sbxd5 11.Se5 Le6 12.Df3 Tb8 13.Td1 Dd6 14.Lg5 Tfd8 15.Lh4 Tbc8 16.Lg3 Da6 17.h3 b5 18.Tac1 Sxc3 19.bxc3 Ld5 20.Lxd5 Txd5 21.Lh4 Td6 22.Lxf6 Lxf6 23.Sg4 Dxa2 24.Ta1 Dd5 25.Dxd5 Txd5 26.Sxf6+ exf6 27.Txa7 Txc3 28.Tb7 Tc4 29.Te1 Tc8 30.Tee7 Tf8 31.Tb6 Kg7 32.Teb7 Txd4 33.Txb5 Td1+ 34.Kh2 Td2 35.Tb2 Tfd8 36.Kg1 g5 37.Txd2 Txd2 38.g3 f5 39.Kg2 Kg6 40.Tb6+ f6 41.Tb4 Te2 42.Kf3 Te1 43.Ta4 Tg1 44.Tb4 h5 45.h4 Te1 46.hxg5 fxg5 47.Tb6+ Kg7 48.Ta6 Te4 49.Ta7+ Kf6 50.Ta6+ Te6 51.Ta8 Kg7 52.Ta7+ Kg6 53.Ta8 h4 Diagramm

54.Tg8+ Kh7 Turmendspiele haben zwar eine hohe Remistendenz, doch kleine Tricks lauern oft an allen Ecken und Enden: 55.Txg5? Danach wird der h-Freibauer zu gefährlich. [55.Ta8 rettet wie folgende Computervarianten belegen: 55...h3 (55...g4+ 56.Kf4 h3 57.Kxf5 Te1 58.Ta7+ Kh6 59.Ta6+ Kh7=) 56.g4 Te1 (Nach 56...f4 57.Ta7+ Kg6 58.Tg7+ wird Weiß durch den tollen Turm gerettet: 58...Kf6 59.Tf7+ Kxf7 patt.) 57.Ta7+ Kg6 58.Ta6+ Kf7 59.Th6 Te4 60.Txh3 (Nicht jedoch 60.gxf5?? Th4 61.Txh4 gxh4 und Weiß wird früher oder später in tödlichen Zugzwang geraten.) 60...fxg4+ 61.Kxe4 gxh3 62.Kf3 Kf6 63.Kg3 g4 64.f3 gxf3 65.Kxf3 Kg5 66.Kg3=] 55...h3 56.Th5+ [56.Txf5 Th6 57.Ta5 h2 58.Ta1 h1D+-+ hilft auch nicht.] 56...Th6 57.Txh6+ Kxh6 58.g4 f4 und Weiß gab auf, weil er früher oder später in Zugzwang gerät, z.B[58...f4 59.g5+ (59.Kxf4 h2-+) 59...Kxg5 60.Ke2 h2-+] 0-1

Das gerechte 4:4 machte Mut für das Match gegen die allerdings noch stärker eingeschätzte Mannschaft des SV Mülheim Nord, der mit 5½:2½ gegen den SK Norderstedt gewonnen hatte. Aber wir hatten Kampfgeist bewiesen und wollten unsere Chancen nutzen …

SV Mülheim Nord - HSK 5:3

Gegen den SV Mülheim Nord haben wir seit 2004/05 eine deutlich negative Bilanz: +2=1 -5. Den wichtigsten Sieg schafften wir mit 4½:3½ in der 12. Runde der letzten Saison, als wir uns im März 2012 im heißen Abstiegskampf in Hamburg endlich auf den rettenden 12. Platz vorkämpften.
Der SV Mülheim Nord ist für seine Ambitionen nicht so gut gestartet: Der 5½:2½ -Sieg gegen den SV Hockenheim glich zwar das 3½:4½ gegen den SC Eppingen der 1. Runde aus, aber der Mülheimer Protest gegen diese Niederlage wurde abgelehnt. So hatten wir vielleicht mit einer noch stärkeren Aufstellung gerechnet, aber es zeigte sich, dass das Mülheimer Aufgebot für die Aufgaben im Norden völlig ausreichte. Unsere Hoffnung war, dass wir an das Match den ersten vier Brettern mit einem deutlichen Elo-Minus ausgeglichen gestalten und in der zweiten Hälfte, wo wir fast ebenbürtig waren, vielleicht sogar einen Vorteil erarbeiten könnten. Doch es kam ganz anders, als wir es uns dachten. Wir hatten Vorteile in der ersten Hälfte, "gewannen" an den ersten vier Brettern sogar mit 2½:1½, erkämpften an den letzten vier aber gerade mal ein Remis: Steve Berger mit Schwarz gegen Mihail Saltaev. Vorn wäre nach dem Sieg von Yaroslaw Zherebukh gegen den Weltklasse-Spieler David Navara sogar noch mehr möglich gewesen. Sipke Ernst spielte auch gegen Konstantin Landa eine phantastische scharfe Partie und erarbeitete sich ein chancenreiches Endspiel, nachdem die beiden Schwarz-Partien von Ehsan Ghaem Maghami gegen Daniel Fridman und Sune Berg Hansen gegen Alexander Berelowitsch jeweils problemlos zum Remis geführt hatten. Doch die zweite Hälfte machte bald uns Sorgen. Thies Heinemann hatte gegen Daniel Hauswalds Caro-Kann nichts erreicht und musste schon im 18.Zug ohne ausreichende Kompensation die Qualität geben. Genauso ging es Lubomir Ftacnik gegen Michael Feygin im 22. Zug, doch hätte er mit gutem Figurenspiel und einem Mehrbauern genügend Kompensation - er hätte den Bauern nur gleich nehmen müssen. Schließlich musste Karsten Müller, nachdem er aus einer gedrückten Benoni-Struktur heraus Ausgleich erreicht hatte, beim Stand von 3:4 im Grunde ohne echte Chance weiter spielen und, erschöpft, in der längsten Partie des Tages eine vermeidbare Niederlage hinnehmen. Wir haben gekämpft, aber waren an diesem Sonntag nicht stark genug, uns gegen die bessere Mannschaft so zu steigern, dass eine Wiederholung des Kraftaktes der letzten Saison möglich gewesen wäre. Vielleicht war er ja auch noch nicht notwendig. Am 8. und 9. Dezember werden die Wettkämpfe in Emsdetten, zunächst gegen die Gastgeber vom SK Turm, dann gegen Werder Bremen zeigen, wie notwendig mehr als ein Pünktchen in Norderstedt war …

Dokumentieren wollen wir die beiden aus unserer Sicht besten Partien des Wettkampfes, auch wenn unser Spitzenbrett Yaroslaw Zherebukh und unser Neuzugang Sipke Ernst in unserer Auswahl bevorzugt werden: Sie haben es aber auch verdient. Yaroslaw hat 1½ Punkte erspielt, und Sipke hat mit seiner scharfen Partieanlage und großem Kampfgeist beeindruckt.

Ernst,Sipke (2554) - Landa,Konstantin (2641) [D38]
BL 1213 Hamburger SK - OSG Baden Baden (4.3), 11.11.201 [ChZ]
1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 Lb4 5.Db3 c5 6.dxc5 Da5 7.Ld2 Dxc5 8.cxd5 Sxd5 9.Sxd5 Lxd2+ 10.Kxd2 Dd6 11.e4 exd5 12.Lb5+ Sc6 13.Dxd5 Df4+ 14.Kc3 0-0 15.Lxc6 bxc6 16.De5 Dg4 17.Tad1 f6 18.Dc7 Le6 19.Sd4 Tf7 20.Dd6 Ld7 21.f3 Dg5 22.Sb3 Dxg2 23.Dg3 Dxg3 24.hxg3 Le8 25.Th5 Te7 26.Tc5 Kf7 27.Td6 Te6 28.Td4 Tc8 29.Ta5 Te7 30.Sc5 g6 31.Td6 h5 Diagramm

32.Sd3 Kg7 33.Sc5 Lf7 34.Sd3 Tcc7 35.Tc5 Te6 36.Txe6 Lxe6 37.f4 Lxa2 38.b4 Lb1 39.Sf2 f5 40.e5 a6 41.Ta5 Td7 42.Txa6 Le4 43.Sxe4 fxe4 44.Txc6 Td3+ 45.Kc2 Td4 46.Tc7+ Kh6 Diagramm

47.Kb3? [47.Kc3 Td3+ 48.Kc4+-] 47...h4! 48.gxh4 e3 49.Tc2 Txf4 50.Te2 Te4 51.Kc3 Txe5 52.Kd3 Tb5 53.Kc4 Te5 54.b5 Kh5 55.b6 Te7 56.Kd4 Tb7 57.Kc5 Kxh4 58.Kc6 Tb8 59.Kc7 Tf8 60.b7 g5 61.Txe3 g4 62.b8T ½-½

Zherebukh,Yaroslaw (2628) - Navara,David (2722) [B18]
BL 1213 Hamburger SK - OSG Baden Baden (4.1), 11.11.2012
1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.Sh3 Sf6 7.c3 e6 8.Sf4 Sd5 9.Sxg6 hxg6 10.Se4 Sd7 11.g3 S7f6 12.Sg5 Ld6 13.Lg2 b5 14.0-0 0-0 15.a4 a6 16.Dd3 Db6 17.b3 c5 18.Ld2 Tab8 19.axb5 axb5 20.c4 bxc4 21.bxc4 Se7 22.Lc3 cxd4 23.Lxd4 Lc5 24.Le5 Tbd8 25.De2 Sf5 26.Tab1 Da6 27.Lb7 Da7 28.Lg2 Sd4 29.Lxd4 Lxd4 30.Tb7 Da6 31.Tfb1 Tc8 32.Lf1 Dc6 33.Sf3 Lc5 34.Sg5 Tc7 35.Lg2 Txb7 36.Txb7 Da6 37.Lf3 Diagramm

37...Sg4? 38.Tb5 Lxf2+? 39.Kg2 f5 40.Dxe6+ Dxe6 41.Sxe6 Te8 42.Ld5 Kh8 43.h3 1-0

ChZ