Heiraten geht vor! Dennoch unser erster Sieg in der Bezirksliga

Was für ein Auftakt zu dieser 2.Runde. Seit Wochen steht unsere Mannschaft. Da erreicht uns am Montag eine E-Mail von Daviti Maisuradze, er muss für Donnerstag aus gutem Grund absagen, denn er heiratet an diesem Donnerstag. Wie haben sich die Zeiten doch geändert, als ich einst heiratete, wusste ich es doch schon Monate vorher und der Termin kam nicht wirklich überraschend. Doch so sind die jungen Leute heute, Montag wird entschieden, dass Donnerstag geheiratet wird. Ganz so ist es natürlich nicht, Daviti hat seine Verlobte in Dänemark geheiratet, und dort bekommt man die Termine vom Standesamt eben sehr kurzfristig. Die eigentliche große Hochzeitsfeier geht im Sommer in Davitis Heimat in Georgien über die Bühne. Wir gratulieren Daviti und seiner Frau herzlich und wünschen ihnen alles Gute für die Zukunft, sie möge genauso werden wie die beiden sich das vorstellen! (ChZ: Meine Glückwünsche bei Facebook schloss den Wunsch, dass sie ihre Tomaten weiterhin in Finkenwerder anbauen…)

Diesen Schwung von Daviti haben wir offenbar mitgenommen. Schon um Viertel vor sieben waren alle Spieler von uns und von den Schachfreunden anwesend und wir hatten den Turniersaal für uns allein, überhaupt kein Gedränge, nur zwei Bretter pro Tischreihe, keine Klagen über schlechte Luft, keine Geräusche, nichts was einem harmonischen Wettkampf entgegenstand. Vor Wettkampfbeginn erwähnte Steffen Haugwitz, Mannschaftsführer von Schachfreunde 4, dass seine Mannschaft davon ausgehe, diese Saison abzusteigen und sie eigentlich nur in der Bezirksliga spielten, um nächstes Jahr sicher für die Kreisliga qualifiziert zu sein und um zu lernen. Ich weiß nicht, ob uns diese Rede überzeugt hatte, heute mal viel zu riskieren, oder woran es lag, der Wettkampf jedenfalls war lange unklar war, ja eigentlich sahen wir wie der sichere Verlierer aus. Doch es kam zum Glück anders.

Um 20 Uhr wage ich einen ersten Rundgang, um mal zu sehen wie es so an den anderen Brettern läuft, hatte ich selbst zu diesem Zeitpunkt doch völlig unnötig, aber dennoch war es geschehen, einen meiner wichtigsten Bauern einfach eingestellt und konnte mich nun auf hartes Ringen um ein Remis einstellen. Da bewegte mich doch die Hoffnung, die anderen würden es bestimmt besser machen. Aber was ich sah, war nicht so schön, irgendwie hatte ich den Eindruck, wir stünden bestimmt an fünf Brettern schlechter, an zweien vielleicht ausgeglichen, na ja und an einem etwas günstiger.

Um 21.15 Uhr fallen dann die ersten beiden Entscheidungen, an Brett 3 hatte unser André Fack mit Schwarz gegen Peter Schwenn schon vor zwanzig Minuten Sebastian gefragt, ob er sich auf Remis einigen könnte. Sebastian hatte das Weiterspielen quasi angeordnet, doch nun wollten André und Peter nicht mehr. Das Unentschieden war gerecht, keiner hatte Vorteile oder Nachteile, und eigentlich sah es auch ganz entspannt aus auf dem Brett. Fast zur gleichen Zeit dann unsere erste Niederlage. Am 6. Brett spielte unser Michael Schönherr, der in der ersten Runde so schön gewonnen hatte, heute etwas neben sich. Schon bei meinem ersten Rundgang hatte ich eine Minusqualität feststellen müssen, und obwohl Michael Weiß hatte, ergab sich keinerlei Gegenspiel gegen Marcel Koloschin, der Punkt war weg. Wir lagen ½:1½ zurück.

Die nächste Stunde gehörte dann aber uns. Um 22 Uhr gewann Christian Tegethoff am 5.Brett mit Schwarz gegen Sabine Herrmann. Christian spielte sein übliches Chaoten-Angriffs-Schach, da hängen immer ganz viele Figuren und irgendwie geht es immer gegen den König. Sabine hatte wohl den Überblick verloren, Christian den Punkt gewonnen. Eine halbe Stunde später gewann Tim Borgstädt mit einer grundsoliden Leitung gegen Marten Kelling (unsere heutige Partie des Tages). Und schließlich noch eine Viertelstunde später hatte auch Peter Grotrian  mit Schwarz gegen Jana Pitschinski gewonnen. Wenn es so etwas gibt, dann war dieser Punkt eigentlich völlig unverdient; Peter hatte einiges an Material weniger als Jana, die darüber hinaus dabei war ihn mattzusetzen. In dieser Situation aber stellte Jana einen Turm ein, und das war die Stellung dann doch nicht wert, Peter gewann. Jana hatte Tränen in den Augen, das können wir nachvollziehen, irgendwie tat sie uns leid und wir wünschen ihr noch viele schöne Partien, wo ihr hoffentlich so ein Missgeschick nicht noch einmal passiert. Wir hatten heute wirklich Glück und führten jetzt auf einmal mit 3½:1½ , aber an den anderen Brettern sah es schwer aus.

23 Uhr gibt Christian Wolf an Brett 2 seine Partie gegen Steffen Haugwitz auf. Seit Stunden quälte Steffen den Christian, und nun hatte der Angriff endgültig durchgeschlagen, das Matt war nicht mehr abwendbar. Aber zwei Partien liefen ja noch und irgendwie sollte da doch wohl ein Punkt zustande kommen – zum heutigen Mannschaftssieg.

J23:20 Uhr Armin Meibauer hatte am ersten Brett mit der Holländischen Verteidigung (Leningrader System), eigentlich alles richtig gemacht, dann aber gegen Jaroslaw Eckert völlig sinnlos einen Bauern und später noch einen Bauern eingestellt und war nun im Damenendspiel angekommen. Zum Glück konnte Jaroslaw mit beginnender Zeitnot nicht immer den optimalen Zug finden, sodass Armin sich in ein Dauerschach flüchten konnte. Wir führten 4:3.

Und es spielten nur noch am vierten Brett Sebastian Kurch mit Weiß gegen Michael Meyer. Sebastian hatte in dieser Partie alles richtig gemacht, hatte aus einer geschlossenen Stellung nicht wie in früheren Partien die bedingungslose Öffnung gesucht, sondern brav gewartet und dann schließlich einen Bauern gewonnen. Diesen Bauern hatte er nun im Turmendspiel immer noch mehr. Und ich denke, eine genaue Analyse könnte bestimmt Gewinnwege für Sebastian aufzeigen. Die Partie aber lief in unentschiedenes Fahrwasser, zwar musste Michael seinen Turm gegen den sich wandelnden Bauern geben, hatte aber dann einen Bauern der auch die Grundreihe erreichte. Zur Überraschung von uns allen, wandelte Michael diesen Bauern in einen Springer um. Sebastians Kampfgeist erwachte und er versuchte nun mit Turm gegen Springer zu gewinnen. Das allerdings kostete viel Bedenkzeit und ist ja wohl auch eher ungewöhnlich. Sekunden vor dem Fallen des Plättchen (heute wohl eher der elektronischen Fahne) willigte Sebastian dann in das Remis ein.

Wir hatten damit unseren ersten Wettkampf in der Bezirksliga gewonnen, so darf es gern weitergehen, dann schaffen wir das Verbleiben in der Bezirksliga. Die nächsten Runden macht Daviti dann ja auch wieder mit, denn geheiratet wird nur einmal!       



Armin Meibauer

[Event "BezL-C HSK 16 - Schachfreunde 4"] [Site "?"] [Date "2019.01.24"] [Round "2.8"] [White "Borgstädt, Tim"] [Black "Kelling, Marten"] [Result "1-0"] [ECO "C50"] [WhiteElo "1343"] [BlackElo "1301"] [Annotator "Zickelbein,Christian"] [PlyCount "101"] [SourceDate "2013.02.16"] 1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Nc3 Bc5 4. Bc4 (4. Nxe5 Nxe5 5. d4 Bd6 6. dxe5 Bxe5 7. Bd3) 4... Nf6 5. d3 h6 6. h3 d6 {Schwarz steht jetzt genauso wie Weiß. Tim liebt diese Spielweise, man riskiert wenig und wartet ein bisschen darauf, was der Gegner macht.} 7. a3 O-O 8. Bd2 Be6 9. Nd5 {Acht Züge lang hat Weiß ziemlich passiv gespielt, nun kommt der erste Angriffszug, aber der Springer allein?} Bxd5 {10.Lxd5 hätte die Stellung im Gleichgewicht gehalten, aber der Bauer auf d5 erringt mit der Vertreibung des Sc6 einen Pyrrhus-Sieg. Da Schwarz mit seinem nächsten Zug auch nur einen Abtausch forciert, statt seinen guten Springer gegen den schlechten Lc4 auf dem Brett zu lassen, wird der Ausgleich wiederhergestellt.} 10. exd5 $2 Nd4 (10... Ne7) 11. c3 Nxf3+ 12. Qxf3 Qe7 13. O-O a6 {Weiß scheint langsam mehr vom Spiel zu bekommen, ohne selbst in Gefahr zu geraten.} 14. Rfe1 Rfe8 15. d4 Ba7 16. Qg3 Kh8 17. Re2 Nd7 18. Rae1 Qf6 {Trotz des beiderseits sehr zurückhaltenden Beginns ist nun doch eine spannungsreiche Stellung entstanden. Tim will den Be5, wählt aber den falschen Weg. Der fünfte Angriff auf den Be5 ist wegen des La7 und seines Drucks gegen f2 nicht wirksam. Eine andere prinzipiell andere Möglichkeit in solchen Konstellation besteht darin, eine Verteidigungsfigur des Gegners anzugreifen und mit dem freieren Figurenspiel neue Angriffsziele ins Visier zu nehmen: den schwarzen Königsflügel!} 19. Bf4 (19. Qg4 $1 $18 Rad8 20. Bd3 { und im Training ausspielen ...}) 19... Re7 20. dxe5 dxe5 21. Be3 Bxe3 22. Rxe3 {(und der weiße Vorteil ist hin)} Rae8 23. b4 Nb6 (23... c5 $1) 24. Bb3 Kg8 25. c4 $1 {Nun geht's wieder vorwärts!} Nc8 26. Ba4 (26. c5 $1 ) 26... c6 27. dxc6 (27. c5 $1 $18 {gewinnt}) 27... bxc6 28. Qg4 Nb6 29. Bb3 Rd8 30. Qe2 Rde8 31. c5 Nc8 (31... Nd5 {war ein bisschen besser}) 32. Qxa6 {Da sind die ersten Früchte dieser Beharrlichkeit. Tim hat nun einen Bauern mehr.} 32... Ra7 {Kann Marten so den Bauern wieder zurückgewinnen?} 33. Qe2 Rxa3 $2 {Dies ist nun wirklich ein gravierender Fehler, den Tim sofort ausnutzt.} 34. Bxf7+ (34. Rf3) 34... Qxf7 35. Rxa3 {Qualität und Bauer mehr das sollte reichen. Eigentlich könnte Marten jetzt aufgeben, doch er spielt bis zum bitteren Ende weiter. Und Tim bleibt bei seiner Linie, nichts riskieren, möglichst die Figuren abtauschen und am Ende gewinnen.} 35... Qf4 36. Qe4 Qd2 37. Qc4+ Kh8 38. Rae3 Qb2 39. Qc3 Qa2 40. Rxe5 Rf8 41. Qd4 Kg8 42. Re8 Qf7 43. Rxf8+ Qxf8 44. Qd7 Kh7 45. Re8 Qf4 46. Qd3+ Qe4 47. Qxe4+ g6 48. Rxc8 h5 49. Rc7+ Kh6 50. Qe3+ g5 51. Qe6# 1-0

ChZ: Ich habe Armins Präsentation zwei längere Anmerkungen hinzugefügt.
Bei der ersten zum 9. und 10. Zug geht es um eine vorsichtige allgemeine Kritik an der von Tim nach Armin geliebten „Spielweise, man riskiert wenig und wartet ein bisschen darauf, was der Gegner macht“, und konkret an der oft zu beobachtenden Entwertung des Lc4 durch 10.exd5. Armin, selbst ein gnadenloser Angriffsspieler, erweist sich hier als außerordentlich tolerant, und tatsächlich muss ja jeder Spieler seinen Stil finden. Als Tims alter Lehrer darf ich mir vielleicht erlauben, die allzu gemütlichen Eröffnungen doch ein wenig in Frage zu stellen, ohne doch zu erwarten, dass sich Tim eine Scheibe von Armin abschneidet und seinen eigenen Stil verleugnet.
Die zweite Anmerkung zum ersten Diagramm will eine Stellung zum Ausspielen im gelegentlichen Mannschaftstraining empfehlen, wodurch das Prinzip erfahren werden kann, dass sich in besseren Stellungen oft mehrere Angriffsziele finden lassen.



Zurück