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1. Runde: Friedensschlüsse und Favoritensiege

Das IM-Turnier im HSK Schachzentrum begann in einer angenehmen, lockeren Atmosphäre. Viele Spieler kennen sich aus den Wettkämpfen der 2. Bundesliga Nord, Martin Breutigam und Klaus Berg haben früher zusammen für Lasker Steglitz in der 1. Bundesliga gespielt. Auch wenn sich einige Teilnehmer vor Beginn der Runde versicherten, dass die „Sofia-Regel“ in Hamburg nicht gilt, schließen ihre Schachfreundschaft und die gute Atmosphäre harte und kämpferische Auseinandersetzungen nicht aus, wie einige Partien der 1. Runde beweisen.

Gleich zum Auftakt ergab die Auslosung das erste Duell zwischen zwei niedersächsischen Normenjägern. Frank Sawatzki, Gymnasiallehrer für Mathematik und Deutsch, hatte die Nacht mit seiner Steuererklärung verbracht, sicherte sich in einer französisch-sizilianischen Struktur mit 16. e4-e5 zwar noch Raumvorteil auf dem Königsflügel gegen Dennes Abel, den er vielleicht zu einem Angriff hätte nutzen können, doch die schwarzen Konterchancen auf dem Damenflügel waren für seinen müden Kopf zu groß - und welcher intelligente Schüler erhebt schon Einspruch, wenn der Lehrer bereit ist, den Unterricht einzustellen? Und intelligent sei Dennes, erklärte mir Frank, als sie noch lange gemeinsam mit Bernd Laubsch, Spitzenbrett des in die 2. Bundesliga aufgestiegenen Post SV Uelzen und in Niedersachen für die Förderung des Leistungsschachs verantwortlich, die beiderseitigen Chancen in der offenen Stellung analysierten.

Das zweite Remis brachten Evgueni Chevelevitch und Klaus Berg aufs Brett: Evgueni konnte gegen die sichere Caro-Kann-Verteidigung unseres dänischen Schachfreundes nichts ausrichten. Es entstand ein völlig ausgeglichenes Damenendspiel, der Remisschluss war konsequent.

Die erste Entscheidung fiel im ersten Duell zweier Meister: Michael Kopylov spielte gegen Martin Breutigam die Leningrader Variante im Holländischen sehr aggressiv, öffnete nach zu frühem weißen e2-e4 mit einem zeitweiligen Bauernopfer das Spiel und hatte die aktiveren Figuren:

Mit 19.Le3 hätte Martin die Stellung nun wohl halten können, weil er nach dem beabsichtigten Qualitätsopfer Txe3 20.fxe3 Dxe3+ 21.Kh1 Sd3 mit 22.Dd7 Gegenspiel erhält: Sf2+ 23.Txf2 Txf2 24.Dc8+ Tf8 25.Dxb7.
Nach 19.g4 aber schlug Michael zu und ließ Weiß keine Chance mehr: 19...Txf2! 20.Txf2 Sd3 21.Dg3 Sxf2 22.Dxf2 Te1+ 23.Lf1 Dxg4+ 24.Dg3 Ld4+ 25.Kg2 De4+ 26.Kh3 Df5+ 0-1

Wolfgang Pajeken erhielt in einer königsindischen Verteidigung gegen seinen niederländischen Mannschaftskameraden Sven Bakker starken Druck gegen das nur vermeintlich starke weiße Zentrum, gab gefahrlos seinen Fianchettoläufer für einen Bauerngewinn bei gleichzeitigem Damentausch und wickelte schnell ins Endspiel ab, das er sicher gewann.

Die längste Partie lieferten sich Jens-Ove Fries-Nielsen und Stefan Breuer. Über 1. d4 Sf6 2.Lg5 entwickelte sich eine französische Struktur mit weißen Chancen auf dem Königsflügel. In beiderseitiger Zeitnot hatte Jens-Ove im 32. Zug einen Springer geopfert, um die h-Linie gegen den schwarzen König freizulegen:

Nach dem letzten Zug 32.Sg4xh6! konterte Stefan mit 32...f5 und nach 33.hxg6+ Kxg6 entschied sich Jens-Ove für 34.Dg4+ [34.Sxf5 Texf5 (34...Tfxf5 35.Th5) 35.g4! hatte er zwar auch gesehen, aber bei hängendem Blättchen war ihm der erzwungene Damentausch sicherer.] 34...Dg5 35.Dxg5+ Kxg5, um mit der Gabel 36.f4+ die Qualität und schließlich das Endspiel zu gewinnen: Kg6 37.fxe5 Lxh6 38.Tcd1 Kg5 39.e6 Lg7 40.Td2 d4 41.Te1 Te8 42.e7 Lf6 43.Ld3 Ld5+ 44.Kf2 Txe7 45.Txe7 Lxe7 46.Lxb5 Lb3 47.Le2 Lc5 48.Ld1 d3+ 49.Ke1 Lc4 50.Lxa4 Kg4 51.b3 La6 52.b4 Le3 53.Ld7 Kxg3 54.b5 Lxd2+ 55.Kxd2 Lb7 56.Lc6 1-0

(Text: Christian Zickelbein)

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