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5. Runde: Drei Meister sind das Maß aller Dinge

Kurz nachdem ich das Bulletin Nr. 4 ausgedruckt hatte, schaute Wolfgang Pajeken im neuen Outfit mit St. Pauli-Totenkopf ins Geschäftszimmer. Hielt ich die Garderobe für eine Kampfansage gegen Klaus Berg, war sie eher ein Kommentar zu meiner (noch gar nicht gelesenen) Bewunderung des meisterhaften Spiels von Michael Kopylov in ihrem Turmendspiel: Viermal habe er das Remis verpasst! Na ja, richtig bleibt: Turmendspiele gehören ins didaktische Programm.

Rangliste

Rg Teilnehmer ELO S R V Pkte SoBerg
1. Fries-Nielsen, Jens-Ove 2380 2 3 0 3.5 8.75
2. Kopylov, Michael 2469 3 1 1 3.5 7.75
3. Berg, Klaus 2392 2 3 0 3.5 7.75
4. Chevelevitch, Dr. Evgueni 2431 1 3 1 2.5 6.25
5. Abel, Dennes 2286 1 3 1 2.5 5.00
6. Pajeken, Wolfgang 2360 2 1 2 2.5 4.75
7. Sawatzki, Frank 2386 1 2 2 2.0 4.50
8. Breuer, Stefan 2330 2 0 3 2.0 4.00
9. Bakker, Sven 2237 1 1 3 1.5 4.50
10. Breutigam, Martin 2387 1 1 3 1.5 3.75

Evgueni Chevelevitch konnte mit Schwarz den „Leader“ Jens-Ove Fries-Nielsen nicht gefährden, obwohl er sicherlich auch mit seinem frühen Damentausch trotz einer anderen Option auf eine schärfere Partie auf Gewinn gespielt hat. Doch Jens-Ove versäumte im 11. Zug sogar eine Chance auf Vorteil, so dass sich beide nach 18 Zügen die Hände reichten. Die taktischen Verwicklungen auf dem Brett (gegenseitige Fesselungen, Doppelangriffe) hätten nur zu Abtauschaktionen mit klarem Ausgleich geführt, so dass Jens-Ove die Führung behauptete, auch wenn er Michael Kopylov und Klaus Berg zu sich aufschließen lassen musste. Drei Meister also sind nach dem Bergfest der 5. Runde das Maß aller Dinge in unserem Turnier, und die Normenjäger müssten nun schon zwei Stück über sich hinaus-wachsen, um die angestrebten 6 Punkte für eine IM-Norm noch zu erreichen.

Klaus Berg ließ sich von Frank Pajekens gefährlichem St. Pauli-Outfit nicht abschrecken und spielte gegen 1.c4 eine scharfe Leningrader Aufstellung und verfügte nach 16 Zügen über einen starken gedeckten Freibauern im Zentrum. Die Entscheidung fiel taktisch:

Nach 26.Sxc4 folgte in der Diagrammstellung 26...Sxd4! 27.Sxd7 Sxe2+ 28.Kf1 Sxc1 29.Sxf8 Lxf8 30.Txc1 Txa2 31.Td1 e3 32.Te1 d4 33.Lxb7 Lb4 34.Te2 Ld2 0-1

Stefan Breuer wollte vermutlich gegen Michael Kopylov mit Weiß alles auf eine Karte setzen, um mit seinem dritten Sieg Normchancen zu bewahren, und spielte mit einem Bauernopfer scharf auf Angriff, hatte aber keine ausreichende Kompensation und wurde schließlich selbst Opfer des Konterangriffs.

Nach 22...bxa4 folgte in der Diagrammstellung 23.Sg5?! Sb6 24.Lc3 axb3 25.cxb3 Te8 und es stellte sich bald heraus, dass Weiß seinen Angriff nicht genügend verstärken kann: 26.Ta1 h6 27.Db2 Dd8 28.Se4 Sbxd5 29.Sxf6+ Sxf6 30.Txa6 Sh5 31.Lxg7 Sxg7 32.Dd2 Sf5 33.Ta7 Kg7 34.b4 Sd4 35.bxc5 dxc5 36.Da2 Te1+ 37.Kh2 Df6 38.Ld5 Sf3+ 39.Lxf3 Dxf3 0-1

Die anderen beiden Niedersachen spielten offenbar eine niedersächsische Hausvariante: Benoni.
Ihre Gegner legten die Partien unterschiedlich an. Sven Bakker versuchte auf dem Königsflügel anzugreifen, tauschte auch den Fianchettoläufer ab, doch Frank Sawatzki setzte sich energisch zur Wehr, so dass nicht mehr als ein Endspiel heraussprang, in dem Frank mit seiner Dame zwar einen schwachen Bauern auf dem Damenflügel aufs Korn nehmen konnte, doch wurde sie wegen der offenen Stellung des schwarzen Königs auch auf dem Königsflügel gebraucht: Die Zugwiederholung war unausweichlich.

Dennes Abel hatte gegen Martin Breutigam mehr Erfolg. Er überstand eine kritische Phase beim Übergang aus der Eröffnung ins Mittelspiel, in der Martin eine falsche Zugfolge wählte und die Chance verpasste, sich einen Vorteil zu erarbeiten:

Nach 22...Sc5 spielte Weiß 22.axb5 statt sofort im Zentrum mit 22.e5! vorzustoßen. Nach 22...axb5 23.Txa8 Txa8 kam 24.e5 zu spät, der Springer hatte nun das gute Rückzugsfeld e8, Schwarz konnte zunächst ausgleichen, dann einen Freibauern bilden, der Weiß schließlich eine Figur kostete. 24...Se8 25.Lxc5 Dxc5 26.Se4 Dc7 27.e6 f5 28.Sc3 b4 29.Sd1 Dc5 30.Te1 Ta2 31.Dc1 c3 32.bxc3 bxc3 33.Se3 c2 34.Sxc2 Dxc2 35.De3 Dd2 36.Dxd2 Txd2 und Schwarz gewann nach 63 Zügen. Trotz zähen Kampfes musste Martin eine weitere bittere Niederlage hinnehmen - sein Trainingsturnier für die Bundesliga hat er sich bestimmt anders vorgestellt. Dennes hat dagegen nun als bester Niedersachse noch theoretische Chancen auf eine Norm - wie übrigens auch seine Landsleute, die nun allerdings zu einem ganz besonderen Lauf ansetzen müssten.

In der Doppelrunde am Freitag, 20. Oktober, wird sich klären, ob einer der Normenjäger noch mit Hoffnungen in die Partien am Wochenende gehen kann …

(Text: Christian Zickelbein)

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