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IM-Turnier 2007

Spielerporträts

Die Meister


GM Zigurds Lanka - Der Eröffnungsexperte

Seit vielen Jahren ist der lettische Großmeister ein gern gesehener Gast in Hamburg. Sei es bei der Hamburger Meisterschaft, bei Trainings-Sessions für die größten Talente der Stadt oder bei geschlossenen Turnieren. Zigurds ist als Eröffnungsspezialist bekannt; er vermittelt sein Wissen immer wieder an viele Schüler. So ist nicht nur so ziemlich jedes polnische Talent durch seine Hände gegangen, auch deutsche Newcomer wie Falko Bindrich haben jahrelang mit Zigurds zusammengearbeitet. Sein berühmtester Schüler ist aber mit Sicherheit Alexej Shirov, der auch heute immer mal wieder mit Zigurds zusammenarbeitet und gemeinsam analysiert. Bei den Hamburger Talenten ist der Satz: „Das ist doch alles noch Lanka!“ ein geflügeltes Wort für eine gut funktionierende Vorbereitung.


IM Michael Kopylov - Der Kämpfer

Welches Turnier in Norddeutschland man besucht, Michael ist mit ziemlicher Sicherheit schon da. Als Spitzenbrett des SK Norderstedt sorgt er seit Jahren dafür, dass diese Mannschaft sich in der 2. Liga hält, und als Jugendtrainer in Schleswig-Holstein kümmert sich Michael gemeinsam mit seinem Freund IM Suren Petrosian um die aufstrebenden Talente des Bundeslandes. Bei seinen Gegnern ist Michael für seinen kämpferischen Stil gefürchtet. Als guter Schnellschach- und Blitzspieler hat er ein sehr gutes Gefühl für praktische Chancen und findet auch in schwierigen Stellungen immer wieder eine gute Ausrede. Eine GM-Norm hat Michael bereits, bei der Hamburger Meisterschaft ist er mehrmals denkbar knapp an der nächsten gescheitert, die Stärke für den Titel hat er zweifellos.


IM Merijn van Delft - Der Marathonmann

2 Runden holländische Liga, 7 Runden Europacup in der Türkei, 9 Runden Essent Open in Hoogeveen, 1 Runde 2. Bundesliga, 9 Runden IM-Turnier = 28 Partien in einem Monat. Dies ist das Programm von Merijn im Oktober! Gut, dass er wenigstens beim IM Turnier den kürzesten Weg zum Brett hat, lediglich 30 Meter Luftlinie trennt die Wohnung des frischgetrauten Ehepaars Zickelbein/van Delft vom „Klub“. Merijn hat sich mittlerweile in Hamburg als Autor, Journalist und Jugendtrainer etabliert. Als Hamburger Kadertrainer arbeitet er mit verschiedenen Talenten in der Stadt und betreut sie bei der Deutschen Meisterschaft. Nebenbei arbeitet er natürlich auch weiter an seiner eigenen Schachkarriere, in Hoogeveen hatte er bis zur letzten Runde die Chance das stark besetzte Open zu gewinnen, es geht weiter bergauf! (Sein Start ins dritte Turnier des Monats deutet aber den Konflikt an, den es zwischen der journalistischen Tätigkeit und dem Turnierspiel geben kann: Der letzte Artikel war erst am frühen Morgen vor der 2. Runde fertig …) Wichtiger als Merijns drei 2003 erspielten IM-Normen (IHEM, Wien und Wijk aan Zee) ist ihm selbst bis heute die U16 Meisterschaft der Niederlanden aus dem Jahre 1995!

HSK II & III


FM Hannes Langrock - Der Comebacker

Ein Jahr lang war es reichlich still geworden um Hamburgs Nachwuchskraft. Kurz vor dem IM-Titel - eigentlich hat er schon drei Normen, aber eine ist ein bisschen „weich“ - verließ ihn ein wenig die Motivation, und den Beginn seines Germanistikstudiums in Leipzig nahm er ernst. Aber ganz untätig war Hannes natürlich nicht, er hat im letzten Jahr ein hervor-ragendes Buch über das Morra-Gambit, seine „Alte Liebe“, geschrieben. Außerdem veröffentlichte er regelmäßig Beiträge auf der Internet-Plattform „chesscafe.com“, in der auch GM Karsten Müller mit seinem „Endgame-Corner“ vertreten ist.
Im Sommer kamen gute Zeichen aus Leipzig, Hannes hat wieder Lust auf Schach und kehrt wieder ans Brett zurück. Am Samstag in der 2. Bundesliga gab es einen lockeren Sieg als Appetitanreger, und nun wartet die erste große Herausforderung auf ihn, das IM-Turnier.


FM Markus Lindinger - Der Denker

Schachspieler haben nichts anderes als Schach im Kopf! Dieser Satz mag auf manche Spieler passen, auf Markus ganz sicher nicht. Seine zweite große Liebe ist „zweifellos“ (ist dieses Adverb philosophisch, Markus?) die Philosophie, und es ist immer wieder eine Freude, sich mit Markus über die großen Zusammenhänge der Welt zu unterhalten. Am Schachbrett scheint ihn eine solch gründliche Herangehensweise manchmal ein wenig zu behindern. Immer wieder neigt Markus dazu „Glanzpartien“ abliefern zu wollen und dabei manchmal ein kleines Detail außer Acht zu lassen. Aber auf der anderen Seite besticht seine Spielweise durch große Klarheit. Markus ist für jeden Gegner gefährlich, allerdings ist auch jeder Gegner für ihn gefährlich und diese Unbeständigkeit ist vielleicht (außer der Pünktlichkeit) sein größtes Problem, ansonsten wäre sicher schon mehr als eine IM-Norm herausgekommen. Im HSK ist er einer der wenigen Spitzenspieler, die sich jedes Jahr wieder der Herausforderung der Klubmeisterschaft stellen und somit auch ein wichtiges Bindeglied zwischen Spitzen- und Breitensport; als Klubmeister, 2006 zum wiederholten Male, hat er sich auch für dieses IM-Turnier qualifiziert.


Sven Bakker - Der Schatzmeister

Seit drei Jahren nimmt Sven Bakker mehrfach eine weite Reise auf sich und trägt als zuverlässiger Spieler immer wieder zum Klassenerhalt von HSK II bei - nicht nur durch seine Partien am Brett, sondern auch durch die gute Stimmung, die er mit kurzen aufmunternden Mails besonders im Wechsel mit seinem Freund Stefan Sievers und vor allem live verbreitet: Seit vielen Jahren befreundet mit Merijn van Delft, ist „Bakkertje“ bei allen Besuchen in Hamburg die „Bakker-Suite“ reserviert.
Beruflich ist Sven Investment Spezialist und ehrenamtlich Schatzmeister der Leidsch Schaakgnootschap, die seit 1936 das Daniël Noteboom Toernooi veranstaltet, heute das größte Wochenendturnier der Niederlande. Die LSG ist einer der größten Schachvereine in den Niederlanden mit zwei Mannschaften in der Meesterklasse, der höchsten Spielklasse. Sven ist gerade mit seiner 2. Leidener Mannschaft aufgestiegen - mit HSK II geht’s immer nur um den Klassenerhalt, aber gelegentlich auch mal zum European Team Club!

Die Youngsters


Axel Smith - Der reisende Schwede

Kontakt zu Axel bekamen wir über die schwedische Spielerin Ellinor Frisk, die ab Donnerstag in einem weiteren Rahmenturnier antritt. Mit Ellinor organisierte Axel im September die skandinavische Schülermannschaftsmeisterschaft. Der junge aufstrebende Taktiker legte in der letzten Auswertungsperiode unglaubliche 130 Elopunkte zu, virtuell steht er bei 2415! Axel hat bereits eine IM-Norm und brennt natürlich auf die nächsten beiden, die er in einer halbjährigen Schach-Reisezeit einspielen will. Nach seinem Abschluss konzentriert er sich momentan nur auf Schach, hat seine Wohnung in der Universitätsstadt Lund aufgelöst und fährt von Hamburg gleich weiter zum nächsten Event. Am Samstag saß er noch für sein schwedisches Team in der Liga am Brett und verlor nach 196 Zügen! Aber entmutigt hat ihn dies keineswegs, es muss ja immer weiter gehen ...


Frank Bracker - Der Nachrücker

Nach der kurzfristigen Absage eines Spielers rutschte Frank quasi über Nacht ins Feld des IM-Turniers. Am Samstag Morgen klingelte ihn das Telefon aus dem Schlaf: „Du bist wie der Ersatztorwart von Bayern München! Wenn Oliver Kahn verletzt ist, musst Du auf den Punkt bereit und topfit sein. Klappt das?“ fragten die Organisatoren und Frank stand bereit.
Erfahrung mit starken Gegnern hat er genug, verwaltet der ehemalige Volksdorfer doch seit Jahren das Spitzenbrett diverser Jugendmannschaften des HSK. Als Mannschaftsführer der Jugendbundesliga und Jugendtrainer bringt Frank sich auch in anderen Bereichen immer wieder ein und ist auch damit ein Vorbild für den jüngeren HSK Nachwuchs. Ähnlich wie Niclas verfügt Frank über ein gut fundiertes Eröffnungsrepertoire und ist gerne auch mal für einen „Präparationssieg“ zu haben.


Niclas Huschenbeth - Der Taktiker

In Hamburg ist der Name Huschenbeth schon lange bekannt. Im letzten Jahr wählten das Hamburger Abendblatt und die Hamburger Sportjugend Niclas zum „Hamburger Talent des Jahres“, wohlgemerkt nicht Schachtalent, sondern Sporttalent - gegen harte Konkurrenz aus den olympischen Disziplinen. Nach langen Jahren beim Schachklub Johanneum Eppendorf, wo er die ersten Schritte zum Spitzenspieler machte, kam in der Saison 2006/2007 der Wechsel zum HSK. Der zwischenzeitliche Höhepunkt seines Aufstiegs war mit Sicherheit seine erste Großmeisternorm Anfang Oktober beim Europacup im türkischen Kemer. Unbeschwert und völlig angstfrei bezwang er zwei Großmeister und wurde am Ende mit 5 ½ aus 7 drittbester Spieler an Brett 4! Gemeinsam mit seinem langjährigen Trainer Wolfgang Pajeken feilt er stetig an seinem äußerst scharfen Eröffnungsrepertoire, um vielleicht bereits bei diesem Turnier seine letzte IM Norm unter Dach und Fach zu bringen, virtuell hat er, obwohl auf dem Papier mit 2318 notiert, die Grenze 2400 schon überschritten.

Die Niedersachsen


FM Alexander Markgraf - Der DWZ-Riese

Der aktuelle Niedersachsen-Meister hat mit 2442-52 die beste DWZ aller Turnierteilnehmer! Vor zwei Jahren hat er in einem Turnier von Suren Petrosian in Grömitz seine erste IM-Norm geholt, die hohe Performance über 2788 mit 7 ½ aus 8, die er einmal in der Oberliga Nord West spielte, musste er dem ersten juristischen Staatsexamen opfern, dessen Termin die neunte Partie ausschloss. Zur Zeit arbeitet er an seiner Promotion in Göttingen, sein Referendariat wird er vielleicht in Hamburg absolvieren, aber die Hamburger Schachvereine sollten sich nicht zu früh über einen starken und sympathischen Zugang freuen. Alexander spielt am 1. Brett beim SC Tempo Göttingen zum ersten Mal in der 2. Bundesliga und ist auch noch als Betreuer für die niedersächsischen Jugendkader bei Meisterschaften und in den Bezirken Hannover und Südniedersachsen als Jugendtrainer tätig: Mit seiner Neigung zu komplexem und scharfen Spiel und einer kämpferischen Einstellung („wie Olli Kahn“) ist er sicher ein Vorbild - und kaum zu haben.


FM Stefan Breuer - Der Blitzmeister

Vielleicht gäbe es noch eine treffendere Charakteristik für den Lehrer der Mathematik und Geschichte am Gymnasium Kreuzheide in Wolfsburg, aber er ist nun mal aktueller Niedersachsen-Blitzmeister und blitzt nach Aussage seines Freundes Alexander Markgraf auch sehr stark. Nach seinem bisherigen Rekord befragt gab er ins Stenogramm: „keine Norm, aber eine Frau und eine Tochter“. Sina ist 14 Monate und lässt den Familienvater immer noch Schach spielen, zumindest in den niedersächsischen Ferien, die Stefan schon 2006 zur Teilnahme an unserem Koop-Turnier genutzt hat. Damals hatte er fünf Runden lang Normchancen und bestätigte mit seinen Partien und Analysen Alexanders Charak-teristik: Für lange Partien braucht er keine Sofia-Regel, er hat große Stärken im Endspiel, was er 2006 in einem Turmendspiel gegen Sven Bakker und einem Schwerfigurenendspiel gegen Dennes Abel bewies.


FM Fabian Müller - Der kommende Mann

Nach Aussage seiner niedersächsischen Freunde hat sich Fabian, der IT-Recht studiert, in den letzten Jahren stark verbessert. Er arbeite auch hart und ambitioniert an seinem Schach. Fabian selbst äußerte sich bescheidener und gab in strengem Parallelismus zur Selbst-charakteristik Stefan Breuers zu Protokoll: „keine Frau, keine Tochter, keine Norm“. Stefan aber meint, dass Fabian die „bald-Nr. 1“ im Verein sei, er sei nur die „noch-Nr. 1“, werde aber sein 1. Brett gern für den kommenden Mann räumen. Die beiden spielen für die gerade in die Oberliga Nord West aufgestiegene Spielvereinigung Salzgitter, den Verein unseres ehemaligen Mitglieds Dr. Matias Jolowicz.

(Text: Andreas Albers / Christian Zickelbein)
Fotos: Andreas Albers

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