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Klubturnier 2007 aus der Sicht eines Trainers

Das neue Jahr hat begonnen und die letztjährige Klubmeisterschaft ist abgeschlossen. Die Auf- und auch die Absteiger stehen fest, und die Freude bzw. Trauer darüber verfliegen so langsam. Eine Aufarbeitung der einzelnen Gruppen findet bereits statt, aber wie schon im letzten Jahr werde ich hier noch einen etwas anderen Rückblick veröffentlichen. Ich selber habe mich wie schon seit einigen Jahren gegen eine Teilnahme entschlossen. Nicht, wie einige vermuten aus Feigheit, sondern vor allem, weil ich meine Aufgabe in „meinem“ Klub mittlerweile hauptsächlich als Trainer sehe und beispielsweise am Freitag nach zweistündigem Schachtraining unseres jüngsten Nachwuchses völlig entkräftet bin und keine (Turnier-)Figuren mehr anfassen möchte [ein paar Blitzpartien und Analysen schafft Andi immer noch! Anm. ChZ].
So bleibt mir aber immerhin die Freude, am späten Abend so manche Partie als Unbeteiligter zu beobachten, und immer wieder werde ich auch gebeten, mich an einer Analyse zu beteiligen. Bei diesen Analysen ist mir so einiges im Gedächtnis geblieben, allerhand auch, was sich durchaus wiederholte. Ich werde versuchen in den folgenden Partiebeispielen einige Aspekte aufzugreifen, die sich durch das Klubturnier zogen. Die „Akteure“ der Partien sind zum größten Teil Teilnehmer meiner Trainingsgruppe am Donnerstag und wissen, dass ich die angesprochenen Fehler nicht etwa veröffentliche, um sie bloßzustellen, sondern weil ich verhindern möchte, dass sie selbst und andere Spieler auch auf diese Fehler verfallen. Wie immer beim Schach gilt: „Jeder Fehler darf gemacht werden, aber nicht zweimal!“

Beginnen möchte ich mit meiner persönlichen Lieblingspartie des Turniers. Andere Spieler mögen vielleicht weiter gerechnet, tiefere strategische Gedanken gehabt und stärker gespielt haben, aber nach der Partie werden Sie verstehen, was mich begeistert hat.

Ralph Bernhard ist seit exakt zwei Jahren im Klub und hat seitdem sehr konzentriert an seiner schachlichen Verbesserung gearbeitet. Immer wieder haben wir uns zu Gesprächen getroffen, in denen es hauptsächlich um die Fragen ging: „Wie kann ich mein Schach verbessern? Wo macht es Sinn zu arbeiten?“ Wir waren bei weitem nicht immer einer Meinung, aber darum geht es ja auch nicht, es ging vielmehr um einen Meinungsaustausch und eine echte Diskussion. Manche Dinge hat Ralph aufgenommen, und bei anderen ist er bei seinem Standpunkt geblieben. Das sehr gute Abschneiden in diesem Jahr gibt ihm vollkommen Recht.

(Text: Andreas Albers)

 

(1) Daedrich,Timo (1353) - Bernhard,Ralph (1271) [A07]
HSK Klubturnier D2-Klasse Hamburg (6.4), 16.11.2007
[Andi Albers]

1.Sf3 d5 2.g3 Lg4 3.Lg2 Timo wählt einen bescheidenen, aber sehr soliden Aufbau. Erst einmal wird der Königsflügel entwickelt und dann geschaut, wie man Einfluß auf das Zentrum erreicht. Der Nachteil ist, wenn überhaupt, dass man Schwarz die freie Wahl läßt, wie er sich aufbauen möchte. Der frühe Läuferausfall von Schwarz hat seine volle Berechtigung, da man nun e7-e6 spielen kann, ohne seinen Läufer einzusperren. Aber auf eine Sache sollte man achten: Durch Lg4 ist der Bauer b7 ungedeckt! 3...Sf6 4.c4 e6 5.Se5 Timo versucht zu beweisen, dass Lg4 doch nicht so toll war und zentralisiert dabei auch seinen Springer. 5...Lf5

6.Sc3 ein bisschen sehr Schablone, aber natürlich kein echter Fehler. [6.Db3!? wäre jetzt das konsequente Vorgehen. Durch das frühe Lg4 ist der Bauer b7 ungedeckt, und Schwarz muss entweder Dc8 ziehen oder sich weiter schwächen: 6...b6 ist zwar noch nicht so schlimm, aber freiwillig hätte Schwarz das sicher nicht gezogen. Eine weitere Figurenentwicklung für Schwarz wird schwierig, weil der Bauer d5 unter starkem Druck steht und er immer aufpassen muss, dass nicht plötzlich alle weißen Figuren über ihn herfallen.] 6...Ld6 7.d4 c6 der erste Teil der Eröffnung ist vorüber, und beide Seiten haben sich nichts zu Schulden kommen lassen. Es ist an der Zeit, einen Plan zu entwickeln, und Timo gibt gleich die Richtung vor. Sicher könnte man noch ein paar natürliche Züge machen, aber das zögert die Entscheidung auch nur hinaus, also, frisch ans Werk: 8.h4!? mit der klaren Ansage: "Rochier mal kurz, dann setz ich Dich matt!" und zumindest das funktioniert auch. Ralph hat wenig Lust, sich dem angekündigten Angriff auszusetzen. Allerdings ist das Zentrum auch noch sehr geschlossen und so lange dies so ist, droht dem schwarzen König auch in der Mitte wenig Gefahr. [8.0-0 Sbd7 9.Lf4 wäre eine "normale" Fortsetzung, mit der Weiß gleich noch eine kleine Falle aufstellen würde. Spielt Schwarz jetzt unbedacht: 9...0-0? rächt es sich plötzlich, dass der Läufer d6 ungedeckt ist: 10.Sxc6 Schwups - da war der Bauer weg! 10...bxc6 11.Lxd6 und Weiß steht klar besser.] 8...Sbd7 9.Lf4 Timo legt die erste Falle aus, die wir eben schon besprochen haben, aber Ralph ist wachsam und vermeidet sie. 9...Lb4 [9...0-0? 10.Sxc6!±] 10.Sxd7 Dxd7 11.c5?!

Diesen Zug findet man in einigen Partien, was ihn aber nicht besser macht. Weiß steckt zwar weiter Raum am Damenflügel ab, aber das war es dann auch. Er nimmt sich auf ewig die Möglichkeit, die c-Linie zu öffnen, und hat überhaupt keinen Druck mehr auf den schwarzen Zentralbauern d5. Schwarz muss nie wieder mit einem Schlagen auf d5 rechnen und kann sich ohne Sorgen weiter entwickeln. Solch ein Zug verliert nicht die Partie, aber strategisch ist das ein böser Fehler. Wie bald klar wird, hatte Timo sich allerdings etwas Schlaues überlegt. Ein Zug wie c4-c5 ist prinzipiell also nicht zu empfehlen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel! 11...Le4 ein schlauer Zug. Ralph möchte gerne den weißfeldrigen Läufer tauschen und damit das weiße Fianchetto unnütz machen. Vor allem aber hatte er richtig vermutet, dass Weiß davon nicht so begeistert sein wird und lieber seinen Läufer "tot" stellt. 12.f3 jetzt macht der Lg2 einen sehr traurigen Eindruck. 12...Lg6 13.g4 h6 14.Ld6 Deswegen also c4-c5! Dieser Läufer stört Schwarz natürlich ganz erheblich. Ralph geht somit auch direkt daran, dieses Problem zu lösen. 14...La5 15.Db3 Dc8 16.Kf2 Lc7 der Ld6 soll bei Gelegenheit getauscht werden, aber erstmal macht Timo weiter Druck, wenn es ihm gelingt, schnell Linien zu öffnen, könnte es doch heiß für den schwarzen König werden. 17.h5 Lh7 18.g5

Ein Bauernopfer! Nun kommen wir zur wirklich spannenden Phase. Weiß möchte um alles in der Welt Linien am Königsflügel öffnen und mit seinen beiden Türmen über die h-Linie einfallen. Schwarz versucht dieses zu verhindern und muss sich genau verteidigen. Beide Spieler zeigen nun, dass sie gute Nerven und kreative Ideen haben. 18...hxg5 19.h6 Bauern sind nicht so wichtig, Hauptsache der weiße Angriff geht weiter. 19...Lxd6 [19...gxh6 wäre ja eine mögliche Alternative, die Ralph aber zu Recht verworfen hat 20.Txh6 Sg8 21.Th5 Lxd6 22.cxd6 f6 Weiß hat einen Bauern weniger, aber schauen Sie sich die schwarzen Figuren an. König in der Mitte, keine Figur ist über die 7. Reihe hinaus gekommen. Weiß steht bereit mit Tah1 und Lh3 alle schwachen Punkte von Schwarz anzugreifen. Weiß steht sehr sehr gut.] 20.hxg7 Weiß nutzt seine zusätzliche Möglichkeit [Nach 20.cxd6 hätte Schwarz vielleicht Zeit, mit Tg8 oder sogar Kf8 seinen Bauern g7 zu decken und eine vernünftige Verteidigung zu organisieren. 20...Kf8] 20...Tg8 21.cxd6 Txg7 jetzt hat Schwarz den Vorteil, dass er seinen Lh7 im Notfall auch mal ziehen kann, weil kein Turm dahinter gefesselt ist. 22.Th6 Lg6 23.Th8+ Tg8 24.Txg8+ Sxg8 25.Th1 Timo spielt weiter sehr konsequent und möchte ausnutzen, dass auf der schwarzen Grundreihe noch soviel Betrieb ist. Er ist der Herrscher über die einzige offene Linie und spielt auf diesen Vorteil. [25.e4!? wäre eine andere Idee, hier oder auch ein paar Züge zuvor. Weiß kann versuchen, seinen Bauern d6 mit e4-e5 zu decken, und hätte dann immer einen Trumpf im Ärmel, der den Minusbauern aufwiegt. 25...dxe4 26.fxe4] 25...Kd7 26.Th8

Ich hatte diese Partie zu meinem Favoriten des Klubturniers erklärt, und ich möchte erklären warum. In den vielen Partien, die ich analysiere, wechseln die Pläne der beiden Spieler alle 3-5 Züge. Mal wird am Damenflügel angegriffen, dann plötzlich auf halber Strecke abgebrochen, weil man sieht, es geht doch nicht, also auf die andere Seite, aber in der Zwischenzeit hat man einen gegnerischen Angriff unterschätzt und muss sich nun erstmal darum kümmern. In dieser Partie hat Weiß früh beschlossen, das Zentrum abzuschließen (c4-c5), und seitdem versucht er, am Königsflügel seinen Angriff durchzubringen, ist sogar bereit, einen Bauern zu opfern, und hofft, dass es reicht. Schwarz hingegen wehrt sich nach Leibeskräften, arbeitet an seinen Stellungsschwächen und bemüht sich um eine Lösung der Probleme. Ich sage meinen Schülern immer: "Ein schlechter Plan ist besser als gar keiner!" und das ist nicht hämisch gemeint. Es ist schwer genug, einen Plan in einer Schachpartie aufzustellen. Hat man dieses vollbracht, sollte man ruhig versuchen, diesen Plan auch wirklich umzusetzen und nicht bei der kleinsten Gegenwehr wieder Abstand nehmen. 26...Kxd6 Jetzt hat Schwarz schon zwei Bauern mehr, aber noch ist nicht alles überstanden, denn die schwarzen Figuren können sich kaum bewegen. Wenn sich das nicht ändert, hilft der Materialvorteil so gut wie nichts. 27.Db4+ Schwarz hat leider keinen schwarzfeldrigen Läufer mehr, und fast alle seine Bauern stehen auf Weiß. Diese Felderschwäche reicht fast schon, um die beiden Bauern unwichtig erscheinen zu lassen. 27...Kd7? Es geht noch so gerade eben, aber das ändert nichts daran, dass dieser Zug schlecht ist. Ralph hat ein weiteres chancenreiches Opfer übersehen, Timo leider auch, sonst wäre diese Partie noch hübscher gewesen. Wie kann Weiß die Felderschwächen jetzt ausnutzen? 28.e4 Schade, Timo verpasst das große Finale. e4 ist wieder sehr konsequent, und deswegen werde ich diesen Zug nicht wirklich tadeln, aber es scheint, als ob Schwarz danach endgültig alles unter Kontrolle hat. [28.Txg8!! s. Analyse-Diagramm:

Die Krönung der weißen Strategie! Zwei Ausrufezeichen sind vielleicht zu viel, weil die Stellung immer noch besser für Schwarz sein wird. Aber plötzlich bekommt Weiß viele Angriffschancen, und Schwarz muss höllisch aufpassen. 28...Dxg8 29.Dxb7+ Kd6 Der schwarze König darf die 8. Reihe nicht betreten, da dann der Ta8 fällt und Weiß einfach eine Figur mehr behält. 30.e4! Ups! Es droht e4-e5 MATT! s. Analyse-Diagramm:

(30.Db4+? scheint noch nicht auszureichen, erst einmal muss dass schwarze Bauerngerüst weiter aufgeweicht werden. 30...Kc7 31.De7+ Kc8 32.Dxg5 und der schwarze König ist relativ sicher. Schwarz hat eine Qualität mehr und sollte gewinnen.) 30...f6! der einzige Zug (30...dxe4? 31.fxe4 durch dieses Schlagen wird plötzlich wieder der Lg2 aktiv 31...f6 32.e5+ fxe5 33.Dxc6+ Autsch! 33...Ke7 34.Dc7++- und der Turm a8 hängt durch, außerdem ist der König noch lange nicht in Sicherheit. Weiß steht auf Gewinn; 30...Lxe4? Schwarz hat ja Material mehr, also muss man auch Rückopfer immer mit einberechnen. 31.fxe4 f6 32.exd5 exd5 33.Lxd5 cxd5 34.Sb5+ Ke6 35.Sc7+ Es ist faszinierend, in wie vielen Varianten sich immer wieder zeigt, dass die schwarzen Figuren extrem schlecht stehen.) 31.Db4+ Jetzt ist der König auf c8 plötzlich nicht mehr so sicher, denn Weiß kann einen schlafenden Riesen plötzlich wieder ins Gefecht bringen: 31...Kc7 32.De7+ Kc8 (32...Kb8 33.Dd6+ Kb7 34.Dd7+ Kb8 35.Dd6+ da hat Weiß sofort das Dauerschach.) 33.Lf1 Wer hatte den denn noch auf der Rechnung? Plötzlich droht Matt nach La6! 33...a5 s. Analyse-Diagramm:

Und nun opfert Weiß zum Abschluss noch eine Figur! (33...a6 verhindert das folgende Figurenopfer, aber es scheint auch nicht für mehr als eine etwa ausgeglichene Stellung zu reichen. 34.exd5 exd5 35.Dxf6 De8 36.Sa4 Kb7 37.Sc5+ Kb6 38.Dxg5 Schwarz hat eine Qualität für einen Bauern bekommen. Aber sein König ist ausgesprochen schwach, dagegen erfreut sich der weiße König einer überraschenden Sicherheit. Weiß könnte beispielsweise Dg5-d2-b4+ planen und dem schwarzen König auf den Plan rücken. Schwarz wird vermutlich nicht verlieren, aber besser steht er auf keinen Fall.) 34.Sb5!! cxb5 35.Dc5+ und der schwarze König entkommt den ganzen Schachgeboten nicht mehr. 35...Kd8 36.Dd6+ Ke8 37.Dc6+ Ke7 38.Db7+ Kd6 39.Db6+ Ke7 40.Db7+ und Dauerschach oder ein vollkommen ausgeglichenes Läuferendspiel: 40...Kf8 41.Dxa8+ Kg7 42.Dxg8+ Kxg8 43.exd5 exd5 44.Lxb5= Weiß hat sein gesamtes Material zurückbekommen und wird einen verdienten halben Punkt mitnehmen. Nach so einer "Schlacht" möchte man am liebsten beiden "Gladiatoren" einen ganzen Punkt geben.] 28...b6 29.exd5 cxd5 [29...exd5 sieht nicht ganz so gefährlich aus, man muss nur aufpassen, dass Lh3 keine Dame gewinnt!] 30.Sb5 die schwarzen Felder! Aber Ralph kommt immer genau richtig, um die Feuer zu löschen. 30...Dc2+ 31.Kg3 Dc6 32.Lf1 a6 Das droht zum Glück für Weiß nicht soviel. Wenn Weiß seine Figuren zurückziehen muss, dann hat Schwarz gewonnen, aber noch deckt der Lf1 den Springer zuverlässig (Spieß gegen Dc6 und Kd7). 33.Le2 Tc8 34.Kf2 Tb8 Es ist immer noch nicht so ganz klar, wie Schwarz sich befreien will. Aber vermutlich wird er demnächst mal a6-a5 spielen und sich langsam entknoten. 35.Th1?! Der Rückzug gefiel mir gar nicht, denn jetzt kann Schwarz eine weitere Figur wieder ziehen. Und Tc1 geht auch nicht, also warum? In der späteren Analyse fand ich plötzlich eine überraschende Rettung, die Weiß aber nicht geplant hatte, sonst hätte er sicher so gespielt. [35.Kg2 Wie macht Schwarz dann eigentlich weiter? Vielleicht mit 35...Td8 36.Kf2 Se7 und dann muss der Th8 den Rückweg antreten, denn ein Abtausch ist natürlich nicht erstrebenswert.] 35...Sf6?! lässt Weiß eine überraschende Chance an der er aber vorbei geht! [35...Td8 oder etwas in der Richtung und Schwarz wird wohl gewinnen.] 36.Ke3?? Das erst verliert die Partie! Quizfrage, was ist der schwache Punkt im schwarzen Lager? Wie kann Weiß dieses ausnutzen (Thema: Ablenkung!)? [36.Tc1!! s. Analyse-Diagramm:

36...Dxc1 37.Dd6+ Kc8 38.Df8+ Kd7 (38...Kb7?? wird sogar matt, weil Weiß mit seinem Springer das Feld a7 kontrolliert. 39.De7+ Kc8 (39...Ka8 okay, Schwarz kann auch noch vorher seinen Springer und seine Dame auf d7 bzw. c7 dazwischenstellen, der Mattzug bleibt derselbe! 40.Da7#) 40.Sa7# (40.Sd6#) ) 39.Dd6+ Kc8 (39...Ke8? 40.Sc7+ und Schwarz muss seine Dame opfern. 40...Dxc7 41.Dxc7 und Weiß steht klar besser.) 40.Df8+ und Remis!] 36...Se8! Jetzt ist d6 gedeckt. 37.Kd2 Tc8 38.Sa7 Dc2+ 39.Ke3 Tb8 40.Lxa6 Sd6 41.Lb5+ Kc7 mutig, Schwarz hat erkannt, dass seinem König kein Matt droht, aber alle anderen Wege scheitern auch an Sc6. 42.Te1 schade, ein etwas kurzfristiges Ende dieser Partie. Beide Spieler sind erschöpft, und so schleichen sich Fehler ein. Mit [42.Le2 Sf5+ 43.Kf2 hätte man sich sicher noch eine ganze Zeit lang wehren können, aber nun wäre Weiß, der sich zu verteidigen hätte!] 42...Sf5# aber hübsch ist das Matt schon! 0-1

(2) Klingenhof,Gunnar (1542) - Richert,Thomas Heinz (1842) [C55]
HSK Klubturnier C1-Klasse (9), 11.12.2007
[Andi Albers]

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.Sc3 Diese Stellung kommt in jedem Turnier zigmal vor. Beide Seiten entwickeln ihre Figuren und das auf die natürlichen Felder. Also, was will der Herr Albers eigentlich? Schwarz, der ja am Zug ist, kann mit einem kleinen taktischen Trick bereits alle Eröffnungsprobleme lösen. Der folgende Zug ist der Grund warum man gegen das Zweispringerspiel nicht Sc3, sondern d2-d3 spielen sollte! 4...Sxe4!

Ein Scheinopfer, das viele Spieler meiner Erfahrung nach noch nicht mal andenken. Schwarz will sich seine Figur mit d7-d5 und Bauerngabel zurückholen. [4...Lc5 ist die Allerweltsantwort, die in deutlich über der Hälfte aller Partien vorkommt. Gut, das ist natürlich nicht schlecht, aber es verpasst halt eine Chance. 5.0-0 d6 6.h3 0-0 7.Te1 Le6 8.Lxe6 fxe6 9.d3 und so weiter. Nach 27 Zügen einigten sich Bohn,Christoph-Prager,Manfred / Klubturnier B Klasse 2007 auf Remis] 5.Lxf7+ Wenn er schon seine Figur nicht halten kann, dann nimmt Weiß wenigstens noch den Bauern f7 mit ins Grab! [5.Sxe4 das ist die Hauptantwort, die im Klubturnier vorgekommen ist. 5...d5 6.Lb5?! das löst die weißen Probleme nicht. (6.Ld3 ist noch der beste Zug. 6...dxe4 7.Lxe4 Ld6 8.d4 Sxd4 9.Sxd4 exd4 10.Dxd4 0-0 11.Le3 De7 12.0-0-0 Te8 und Schwarz hat gar keine Probleme.) 6...dxe4 7.Lxc6+ bxc6 8.Sxe5 Dg5! und Weiß wird jetzt auch noch sein Bauer g2 entfernt und damit die weiße Stellung um den König aufgerissen. Stefan Haack hat diese Spielweise gut demonstriert. 9.d4 Dxg2 10.Tf1 Lh3 11.De2 Dxf1+ 12.Dxf1 Lxf1 13.Kxf1 Ld6 14.Sxc6 Lxh2 15.Ld2 0-0 16.Te1 f5 17.Lb4 Ld6 18.La5 Tf6 19.d5 Th6 20.Kg2 Th2+ 21.Kg1 Th4 22.Kg2 Tf8 23.b3 f4 24.c4 f3+ 25.Kg1 Tf6 0-1 Prager,Maurice-Haack,Stefan / Klubturnier C 2007] 5...Kxf7 6.Sxe4 d5 und Schwarz steht sehr gut! Klar, der König ist momentan etwas unsicher, aber Schwarz besitzt zwei zentrale Bauern, die weiße Angriffe verhindern, und er kann mit Lc5 und Te8 oder f8 eine Art künstliche Rochade anstreben. 7.Seg5+ Das ist der einzige Zug, der den schwarzen Plan zu durchkreuzen versucht. 7...Kg8 [7...Ke8 das sollte sich Schwarz nicht antun. Dort kommt der schwarze König nicht wirklich zur Ruhe.] 8.d3 h6 ausnahmsweise mal ein nützlicher Zug. Der Sg5 nervt und außerdem kann man sich so ein ruhiges Plätzchen für den schwarzen König auf h7 freischaffen. 9.Sh3 Lg4 [9...Ld6 würde noch konsequenter an den schwarzen Schwächen arbeiten. Der Th8 muss aktiviert werden, das sollte Priorität haben. Also Kh7 und Te8 und dann schaut Schwarz einer rosigen Zukunft entgegen.] 10.c3 Dd7 11.Shg1 Te8 12.h3 e4

Auch so steht Thomas einfach besser mit Schwarz. Der weiße König ist ebenfalls noch nicht in Sicherheit, und Schwarz kann es sich deswegen sogar leisten, sein Angriffsspiel auch ohne den Turm auf h8 einzuleiten. Nach 32 Zügen hatte Schwarz gewonnen. 0-1

(3) Harms,Uwe (1170) - Schliephack,Mirjam [C57]
HSK Klubturnier E2-Klasse Hamburg (3.1), 12.10.2007
[Andi Albers]

3 Punkte aus 3 Partien mit Weiß sind aller Ehren wert. Ich hoffe, Uwe nimmt es mir nicht übel, dass ich seinen zukünftigen Gegnern ein wenig unter die Arme greife. 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 [3...Lc5 wenn Schwarz das ganze kommende Ungemach vermeiden möchte, dann sollte er so spielen.] 4.Sg5! Das ist die ganz gefährliche Variante, in der Schwarz gleich mal gehörig aufpassen muss, um nicht sofort zu verlieren. Der Bauer f7 ist angegriffen, und Schwarz hat nur eine Chance, ihn zu schützen. [Wie bereits in dem obigen Bespiel erwähnt gibt es nach: 4.Sc3 die Möglichkeit sich mit: 4...Sxe4! gleich mal vieler Sorgen zu entledigen.] 4...d5! Vom praktischen Standpunkt her ist dieser Zug die einzige Rettung für Schwarz. [4...Lc5 scheint zwar nicht direkt zu verlieren, aber wer möchte Weiß schon freiwillig die Wahl lassen, ob er mit dem Springer oder doch lieber mit dem Läufer auf f7 zu nehmen?] 5.exd5 Sxd5?! Auch dies soll angeblich noch nicht ganz verlieren, aber es gilt doch als klassischer Fehler. Uwe hat diese Spielweise erfolgreich angewendet und Recht behalten. [5...Sa5! s. Analyse-Diagramm:

Der Trick, wie Schwarz all die Probleme, die nun folgen, vermeiden kann, liegt in diesem Zug! Schwarz wird noch eine Weile mit einem Bauern weniger weiterspielen müssen, aber er bringt Unruhe in die weißen Figuren und kann sich später um den Bauern d5 kümmern. 6.Lb5+ sonst kommt h6 und der Sg5 muss den Rückweg antreten. 6...c6 7.dxc6 bxc6 8.Le2 (8.Df3 Dc7 9.Ld3 Le7 10.0-0 0-0 und auch diese Stellung sollte in Ordnung sein für Schwarz. Auf jeden Fall ist das alles nichts im Vergleich zu dem, was die Schwarzspieler in ihren Duellen mit "Angriffswirbler" Uwe erlebt haben.) 8...h6 9.Sf3 e4 10.Se5 Lc5 und Schwarz hat aufgrund seines Entwicklungsvorsprung Kompensation für den Minusbauern.] 6.Sxf7! [6.d4 Wird in einigen Büchern empfohlen, aber ich denke Sf7 ist gut genug und sollte Schwarz vor kaum zu lösende Probleme stellen.] 6...Kxf7 7.Df3+ Schach und der Sd5 ist gefesselt und hängt! 7...Ke6 [7...Kg8?? Nils Lingstädt musste schmerzhaft erfahren, dass Ke6 der einzige Zug ist, der noch einigermaßen hält. 8.Lxd5+ Dxd5 9.Dxd5+ 1-0 Harms,Uwe-Lingstädt,Nils / Hamburg 2007] 8.Sc3! Weiß macht immer weiter Druck auf die gefesselte Figur. 8...Sce7 [8...Scb4 9.De4 g6 nach diesem Zug könnte Weiß schon das Material zurück gewinnen, aber Uwe blieb auch in der Partie gegen André Arscholl der Philosophie dieser Variante treu und griff weiter an! 10.d4 (10.a3! s. Analyse-Diagramm:

Das ist relativ fies, denn jetzt ist Schwarz gezwungen seine Figur auf c2 zurück zu geben und das Problem mit dem Springers auf d5 ist immer noch nicht gelöst. 10...Sxc2+ 11.Dxc2) 10...Lg7 11.Lf4!? ein wenig zu sehr Schablone. Es ist gut, typische Angriffsmotive zu kennen, aber es lohnt sich immer auch, noch mal nach neuen Lösungen Ausschau zu halten. (11.Lh6! Lxh6 12.Sxd5 Sxd5 13.Dxe5+ Kf7 14.Lxd5++- und Schwarz hat die unangenehme Wahl zwischen Kf8 und Fall des Turms h8 oder einem Damenopfer auf d5. In beiden Fällen gewinnt Weiß einfach.) 11...Dd6 12.0-0-0 c6 13.a3?! Jetzt ist es fast schon zu spät dafür! André schafft es jetzt, einen Nebenkriegsschauplatz zu schaffen, und das hätte Weiß gar nicht nötig gehabt. Die Stellung ist immer noch super für Weiß (und das obwohl er ja eine Figur weniger hat), aber jetzt wird es etwas kompliziert. 13...Tf8! ein guter Versuch, der Weiß zu Fehlern verleitet. 14.Lg3 (14.Lxe5!! s. Analyse-Diagramm:

14...Lxe5 15.The1 und Schwarz wird bald an dem Druck auf die beiden zentralen Leichtfiguren zusammenbrechen!) 14...a5 15.dxe5 Lxe5 16.f4 b5 17.fxe5 Dc5 18.Lxd5+ (18.Lb3!) 18...Sxd5 Weiß steht auf Gewinn! Einen Bauern mehr und immer noch der schwarze König in der Mitte! Die Partie dauerte noch relativ lange, weil Uwe ein wenig den Faden verlor. 1-0 Harms,Uwe -Arscholl,André / Klubturnier E-Klasse 2007 (58)] 9.d4

Sehr gut gespielt. Weiß macht einfach immer weiter Druck auf das schwarze Figurenknäuel in der Mitte. Schwarz darf diesen Bauern kaum schlagen, sonst ist der König gänzlich ohne Schutz. 9...Dd6 10.0-0 c6 11.Te1 Sg6 immer noch hat Weiß eine Figur weniger, aber Schwarz hat noch viele Figuren nicht entwickelt und vor allem muss er ständig auf seinen König aufpassen. 12.dxe5 Sxe5 13.Lf4! und schon bekommt Uwe seine investierte Figur zurück! 13...Kd7 14.Lxe5 Dg6 okay, jetzt ist der Rest nicht mehr allzu spannend. Weiß hat einen glatten Bauern mehr, aber was noch viel wichtiger ist, alle seine Figuren werden gleich zentralisiert sein, bei Schwarz ist dies nur beim gefesselten Springer und dem König der Fall. Die Konsequenz ist nur logisch! 15.Tad1 Lc5 16.Sxd5 Tf8 17.Sf6+ Ke7 18.Lc3+ eine tolle Angriffspartie, die man so ins Lehrbuch übernehmen kann. 1-0

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