Als der HSK am 1. Februar nach Solingen aufbrach, hatte
er im von den Gazetten (und nicht nur von mir) prognostizierten Abstiegskampf
gegenüber den Schachfreunden Berlin zwei Mannschafts- und zwei Brettpunkte
Vorsprung. In der 7. Runde waren die beiden Meisterschaftsfavoriten Gegner der
früheren Reisepartner. Der HSK verlor wie zum Saisonauftakt gegen den
amtierenden Meister OSG Baden-Baden auch gegen die SG Solingen
mit 2½:5½, die Schachfreunde Berlin verkürzten den
Rückstand mit ihrer 3:5-Niederlage gegen die OSG Baden-Baden mit 3:5 nur
um einen halben Brettpunkt. Während wir uns jedoch trotz allen Kampfes mit
der erwarteten Niederlage abzufinden schienen, lieferten die Berliner ihrem im
Schnitt um 200 Elo-Punkte überlegenen Gegner einen bravourösen Kampf
und brachten ihn an den Rand einer Niederlage. Zu Recht widmet Raj Tischbierek
im März-Heft seiner Zeitung dem beherzten Auftritt der Schachfreunde im
Schöneberger Rathaus fast die gesamte Bundesliga-Berichterstattung und
empfiehlt seinen Lesern (nur) "zum Dessert" "einen prinzlichen
Hackbraten", nämlich die "wunderbare Partie" (Otto Borik),
mit der Rasmus
Svane gegen Gawain Jones ähnlich wie beim Saisonauftakt in
Hamburg für unseren einzigen Sieg sorgte.
Statt den vielleicht verpassten Gelegenheiten im Match gegen die SG Solingen
nachzutrauern - Lubomir Ftacnik zum Beispiel war gegen Jan Smeets als Schwarzer
mit vollem Ausgleich aus der Eröffnung herausgekommen, als ihn ein
taktisches Missgeschick in wenigen Zügen die Partie kostete -, stellte
sich die Mannschaft auf den SV Wattenscheid ein, um im
Fernduell mit den Schachfreunden Berlin vorn zu bleiben, war doch nach ihrer
starken Leistung bei der eher unglücklichen Niederlage gegen den Meister
am Sonntag durchaus ein Berliner Erfolg gegen die SG Trier zu erwarten.
Tatsächlich schafften die Schachfreunde in einem erneut spannenden Match
wie auch wir zu Saisonbeginn gegen die Trierer ein 4:4, doch konnten wir zum
Glück kontern und mit unserem zweiten Sieg in dieser Saison unseren
Vorsprung sogar auf drei Mannschafts- und zwei Brettpunkte ausbauen. Den
Grundstein für unseren 4½:3½-Sieg legte
Sipke Ernst,
der Mateusz Bartel mit einem Figurenopfer überfiel und in 27 Zügen
den schwarzen König in der Mitte erlegte. Dorian Rogozenco (25) und Merijn
van Delft (21) sicherten mit schnellen Schwarz-Remisen die Führung, auch
Steve Berger steuerte ein Remis bei. Lubomir Ftacnik glich gegen Alexander
Rustemov die Niederlage von Rasmus Svane gegen Sebastian Bogner aus, so dass
wir mit einer 3½:2½-Führung in die Schlussphase der langen
Endspielpartien von Thies Heinemann mit Weiß gegen Florian Handke und
Robert Kempinski mit
Schwarz gegen Nikita Vitiugov gingen. Nach 59 bzw. 56 Zügen
hatten Thies und Robert mit ihren Remisen den Mannschaftssieg gesichert -
4½:3½.
Die 9. und 10. Runde im historischen Rathaus von Forchheim hatten wir schon vor
der Saison als von höchster Bedeutung erkannt, und Teamchef Reinhard
Ahrens hatte für das direkte Duell gegen die Schachfreunde Berlin auch
unseren Weltklassespieler Radek Wojtaszek verpflichtet und insgesamt eine
starke Formation aufgeboten. Am Sonnabend war zunächst unser Gastgeber
SC Forchheim unser Gegner. Bertolt Bartsch & Co. hatten
dieses Wochenende als letzte Chance auserkoren und lieferten uns einen starken
Kampf, indem wir lange kämpfen mussten, bis sich unsere klare Elo-Vorteile
in 5½:2½-Sieg niederschlugen. Wenig Kampf, aber einiges Glück
brauchte Thies Heinemann, der gegen Bernd Hümmers Aljechin-Verteidigung
eine "gebrauchte" Variante gespielt und einfach einen Zentrumsbauern
verloren hatte, aber nach 20 Zügen ein Remisangebot erhielt und nur
anzunehmen brauchte. Sune Berg Hansen musste für sein Schwarz-Remis einige
Züge mehr machen, und Rasmus Svane versuchte als Weißer bis zum 57
Zug vergeblich seinen Sg8, eine Mehrfigur, wieder ins Spiel zu bringen: das
dritte Remis im Match. Robert Kempinski verlor gegen Leon Mons, der in Berlin
auch Arkadij Naiditsch geschlagen hatte, aber wir hatten vier Matchwinner, die
letztlich für ein deutliches Ergebnis sorgten: Radek Wojtaszek gegen
Vlastimil Jansa und Lubomir Ftacnik
gegen Bertolt Bartsch in hochinteressanten Turmendspielen, Sipke Ernst gegen
Alexander Seyb im Turm+Läufer-Endspiel dank starker Freibauern im Zentrum
und Steve Berger, der mit Schwarz Michael Burggraf im Springer-Endspiel unter
zu starken Druck gesetzt hatte.
Aber auch die Schachfreunde Berlin hatten ihr Match gegen
unseren Norderstedter Reisepartner mit 5½:2½ gewonnen, sodass die
Voraussetzungen für das "Vier-Punkte-Spiel" fast
unverändert waren - nicht ganz, denn wir hatten uns trotz des
Unentschiedens, das Werder Bremen gegen den SV Mülheim in der 9. Runde
erkämpfte, mit einem halben Brettpunkt Vorsprung vor den Bremern auf den
11. Platz verbessert. Die ersten Entscheidungen sorgten für Entspannung.
Lubomir Ftacnik (mit zuletzt 3 aus 3) überspielte Dennes Abel in 24
Zügen, Robert Kempinski schloss in 21 Zügen mit seinem Landsmann
Rafal Antoniewski Frieden, und Sune Berg
Hansen feierte gegen Ilja Schneider in 23 Zügen seinen ersten
Saisonsieg und erhöhte auf 2½:½. Wenn wir nicht
übermütig würden, sollte die Vorentscheidung im Match und damit
auch im Abstiegskampf schon gefallen sein. Sipke Ernst gab seine Partie gegen
Andrei Maksimenko nach 24 Zügen Remis: 3:1.
Radek
Wojtaszek beeindruckte erneut; wie schon gegen Vlastimil Jansa
erkämpfte er mit Geduld und druckvollem Spiel auch gegen Hant Melkumyan,
den Schützling von Levon Aronian, aus einer ausgeglichenen Stellung heraus
Vorteil und gewann das Endspiel zum 4:1. Inzwischen war Thies Heinemann mit
Schwarz gegen den Berliner Top-Scorer Lars Thiede in Schwierigkeiten geraten
und musste das 2:4 hinnehmen, doch Rasmus Svane und Merijn van Delft hatten zu
diesem Zeitpunkt keine Probleme mehr, das Match zu unseren Gunsten zu
entscheiden. Merijn
spielte sehr sicher gegen den klassischen Sizilianer von Mikael
Agopov und verdichtete seinen kleinen Vorteil zu einem feinen Endspielsieg:
5:2! Rasmus hatte zu Beginn des Mittelspiels gegen Arnd Lauber die Dame
für Turm und Läufer gegeben und war einiges Risiko gegangen,
schließlich musste Arnd Lauber Dauerschach geben: 5½:2½.
Andi Albers gratulierte im HSK Facebook: "Herzlichen Glückwunsch an
Reinhard Ahrens und sein Team!!!" und Georgios Souleides fügte hinzu:
"Und jetzt möchte ich nichts mehr von Abstiegsgefahr lesen oder
hören"! Das Ausrufezeichen fügt der Chronist hinzu und hält
fest, dass sich der HSK nach dem Spieltag auf den 10. Platz verbessert hat, nun
auch vor den Sportfreunden Katernberg, und dass er 5 Mannschafts- und 6½
Brettpunkte vor den Schachfreunden Berlin auf dem 13. Platz hat.
Lässt sich die Serie am 16./17. März in Hamburg gegen den SC
Eppingen (Sa um 14 Uhr) und den SV Hockenheim (So um 10 Uhr)
fortsetzen? Soviel Optimismus wird selbst Georgios nicht verlangen: Die
Eppinger spielen noch um Platz 3, die Hockenheimer (es gibt Wiedersehen mit
David Baramidze) sind Sechster. Aber natürlich werden wir uns Mühe
geben, und am Montag, 18. März, um 19 Uhr wird Lubomir Ftacnik im,
HSK Schachzentrum die Bundesliga-Analyse halten.
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